Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Nur wenige haben den Mut, ihr eigener Chef zu sein
DESSAU/MZ. - Schon kurz nach der offiziellen Eröffnung drängten sich die Besucher im Technologie- und Gründerzentrum (TGZ) in der Kühnauer Straße recht dicht an den Ständen derer, die den Sprung in die Selbständigkeit schon gewagt haben. Seit 2006 ist Mattstedt mit seinem Fruchthandel "Ananastasya" sein eigener Chef. Vorher angestellt in einem Gemüsegroßhandel und schon nebenberuflich mit seinem Gewerbe tätig, war es für ihn nur eine Frage der Zeit, den großen Schritt zu wagen "Es kann nichts schief gehen", war damals die Devise des gebürtigen Dessauers. Der Name, eine Zusammensetzung aus Ananas und Fantasie, war auf einer Familienfeier schnell gefunden.
Sich als Unternehmer zurechtzufinden, dauerte etwas länger. "Vor allem Buchhaltung und Marketing musste ich erst verinnerlichen." Viele Menschen kennen mittlerweile seinen Stand im Dessauer Hauptbahnhof, der im Januar nach den Sanierungen wieder eröffnen soll. Doch auch so sind die Tage von Mattstedt und seiner Frau ausgefüllt. Sie sind auf Stadtfesten, Veranstaltungen und Messen in der Region zu finden. Auch wenn Selbstständigkeit für Mattstedt Arbeit an sieben Tagen die Woche bedeutet, ist seine tägliche Motivation der Spaß an seinem Unternehmen, das saisonal zwei bis drei Angestellten Beschäftigung bietet.
Selbstständigkeit als regionaler Wirtschafts- und Jobmotor ist auch nach dem Geschmack von Klemens Koschig. In seiner Eröffnungsrede betonte das Stadtoberhaupt: "Der Grad der Selbstständigkeit in unserer Stadt ist zu niedrig". Die Messe am Dienstag war da ein guter Impulsgeber für alle, die darüber nachdachten, ihr eigner Chef zu sein. Dieser Gedanke nimmt auch bei Birgit Laurich immer mehr Konturen an, deshalb kam sie zur Börse. Vor allem das diesjährige Konzept, mit erfolgreichen Existenzgründern ins Gespräch zu kommen, lobte sie. "Durch die Gespräche kann man abwägen, ob man es macht oder eher nicht", so die Dessauerin. Stressmanagement, Entspannung und Yoga möchte sie in Zukunft anbieten und holte sich weitere Inspirationen. Ob sie aber in der Doppelstadt eine eigene berufliche Existenz aufbaut, steht noch nicht ganz fest.
Nirgendwo anders als in ihrer Heimatstadt wollten Annette und Marco Heinze sich selbständig machen. Die Eheleute, die zuvor 20 Jahre täglich zur Arbeit nach Leipzig pendelten, sind seit einem Jahr Unternehmer im Gewerbezentrum am Alten Schlachthof. "Es muss doch noch irgendwas anderes geben" waren sich beide einig. Mit ihrer "SGS Heinze GbR" stellen sie Stempel Gravuren und Schilder her. Egal ob gravierte Bestecke, Fotoalben oder Aktenkoffer, der Kreativität schienen kaum Grenzen gesetzt. "Wir reagieren auf Kundenwünsche", erklärt Marco Heinze die große Palette von Gravuren. Dass individuelle Wünsche von Heinzes erfüllt werden, hat sich mittlerweile auch über die Stadtgrenzen bis Bitterfeld herumgesprochen. Der Erfolg hat auch die letzten Zweifel beseitigt. "Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen. Man fängt bei Null an", erklärt Marco Heinze, der sich mit der Selbständigkeit auch beruflich neu orientiert. Potenziellen Gründern empfiehlt seine Frau "Flexibilität, Spaß an der Sache und im Umgang mit Kunden".
Das Potenzial an Gründern ist vorhanden, bestätigt Jutta Splitthoff. "Das Thema wächst. Das Interesse an Existenzgründungen ist hoch", so die Mitarbeiterin vom Dessauer Jobcenter. Die Idee und die Persönlichkeit sind für sie entscheidend. Der typische Gründer sei dann oft ein Ein-Personen-Unternehmen mit geringen Investitionen, beobachtet Splitthoff. Katrin Hochberger sieht in der Selbstständigkeit ein "Riesenpotenzial für die Stadt". Vor allem im Tourismus und bei Senioren gebe es es in Zukunft viele Möglichkeiten, ist die Dessauer Ego-Pilotin überzeugt.