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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Mit dem Besten im Gepäck Bronze in Luxemburg geholt

Von SYLKE HERMANN 22.11.2010, 18:03

LUXEMBURG/MZ. - Als der Engländer an Tisch Nummer 411 in Messehalle 7 trat und fragte, ob die Gentlemen ihn verstehen würden, nickten diese. Im Nachhinein hätten sie lieber höflich verneint.

Die Einschätzung des Jurymitglieds trübte die Stimmung der Regionalmannschaft Mitteldeutschland, die schon mehre Stunden gewartet und einigermaßen zuversichtlich dem Ende der Messe entgegen gefiebert hatte. Der Engländer aber kritisierte: Ein bisschen Licht fehle dem Tisch, die Beschreibung der einzelnen Komponenten - ob Fingerfood, Menü, Desserts oder Pralinen - sei zu knapp gehalten. Für den Geschmack dieser Jury etwas zu unkonkret, um das Ausgestellte belastbar bewerten zu können. Andere Juroren auf anderen Messen wiederum hatten es genau so gewollt: kurz und knapp. Geschmackssache eben, war sich das Team am Ende einig.

Dass der Engländer den Tisch insgesamt lobte, dem für den Landesverband der Köche Mitteldeutschland startenden Vierer-Gespann eine exzellente Arbeit bescheinigte, wollte keiner mehr hören. Noch drei Stunden bis zur Siegerehrung.

Zurück in der Heimat

Montagfrüh, kurz nach fünf, erreicht der Bauhausstadt Dessau-Reisebus der DVV das Anhaltische Berufsschulzentrum in Dessau. Voll gepackt mit den Resten dessen, was ein Team von drei Köchen plus Konditor für eine Weltmeisterschaft eben so braucht. Zurück in der Heimat. Zurück von einer anderthalbtägigen Tour nach Luxemburg. Und zurück mit Bronze im Gepäck. "Ich habe gehofft, dass wir Bronze bekommen", gesteht Teamchef Sören Billhardt.

Monatelange Vorbereitung

Seit Monaten grübelten sie und probierten Neues, telefonierten, schickten Mails und Bilder zwischen Dessau, Halle und Eisenach hin und her, trafen sich vor zwei Wochen sogar noch zu einer Generalprobe in Dessau. Die seit zehn Jahren bestehende Regionalmannschaft wollte zur Koch-WM nach Luxemburg. Teamchef Sören Billhardt aus Eisenach, der Hallenser Bernd Lücke sowie die beiden Dessauer, Berufsschullehrer Thomas Wolffgang und Konditormeister Oliver Schieke. Sie wollten erneut wissen, wie ihre Arbeit von den Besten ihres Fachs eingeschätzt wird. Dabei ging es weniger um den geschmacklichen Part, mehr ums Aussehen. Die Juroren wollten das Können der Teilnehmer optisch begutachten. Nur bei den Pralinen verlangte die Ausschreibung eine Kostprobe. Von jeder Sorte.

Mehr als 150 Aussteller, 2 400 Köche und Konditoren aus 53 Ländern stellen noch bis Mittwoch im Messezentrum Luxemburg auf dem Kirchberg aus. Darunter Nationalmannschaften, Junior-Teams und Regionalmannschaften. Das Team Mitteldeutschland wurde am Sonntag bewertet. Von 8 bis 10 widmete sich die Jury den Tischen - in aller Ruhe, auf jedes Detail achtend, wenig redend, viel schreibend und noch mehr fotografierend. Kein Teammitglied durfte derweil in die Halle; für Besucher war erst ab 11 Uhr geöffnet.

Die Mannschaft hatte den Tisch in knapp drei Stunden zuvor perfekt hergerichtet. Fast zu viel Zeit. "Mittlerweile wissen wir, was wir können; es ist ja nicht unsere erste Meisterschaft", suchte Bernd Lücke nach einer Erklärung für die offenkundige Gelassenheit am frühen Sonntagmorgen.

Dabei hatte sie die Sorge um die Ausstellungsstücke die ganze Nacht wach gehalten. Jede Delle im Asphalt wurde ängstlich kommentiert, jede Kurve als gefährlich eingeschätzt. "Was machen wir eigentlich, wenn der Bus eine Panne hat?", unkte der Hallenser.

Am Lomo-Rasthof an der A 4 stieg Teamchef Sören Billhardt mit seinem Helfer, Jungfacharbeiter Steffen Peinert und dem 5-Gang-Menü durch eine glänzende Aspik-Schicht erst haltbar gemacht, zu. Mit "Wir liegen super in der Zeit", sorgte er für Entspannung und fragte gleich ab: "Wie ist es gelaufen?" "Gut", fasste Thomas Wolffgang, der mit Tobias Weber ebenfalls einen Jungfacharbeiter zur Unterstützung mit nach Luxemburg genommen hatte, zusammen. "Okay", antwortete Oliver Schieke - mit Konditorlehrling Katharina Johannes unterwegs - und gestand, für die eine oder andere Praline doch etwas länger gebraucht zu haben als gedacht. "Die Johannisbeeren im Apfel-Gelee", deutete er nur an. Während Bernd Lücke für seinen Part zuversichtlich verkündete: "Mehr geht nicht. Und mehr Zeit hätten wir auch gar nicht gehabt."

Um 1.26 Uhr am Sonntagmorgen rollte Mitteldeutschland auf den Parkplatz der Messe Luxemburg. Viel zu früh. Aber an Schlaf war auch jetzt nicht zu denken. Nadine Thiemann, Floristin in Halle und zum ersten Mal mit auf Tour, fing an, Tannennadeln zu putzen und Reagenzgläser mit Silberdraht zu schmücken, weil es edler aussehe. Perfektion war gewollt - beim Essen und der Dekoration.

Chef sieht Quantensprung

"Ich bin schwer beeindruckt", lobte Billhardt nach getaner Arbeit seiner Teamkollegen. Nach der Internationalen Kochkunstausstellung, auf der Mitteldeutschland vor zwei Jahren ausgestellt hatte, wieder "ein Quantensprung". "Hier wird zum Teil sehr, sehr hochwertig ausgestellt", schätzte der Dessauer Wolffgang ein. Und auch Oliver Schieke, erst seit drei Jahren dabei, wusste: "Es wird schwer."

Am Ende Bronze. Nicht eine Regionalmannschaft bekam am Sonntag Gold. Einige Silber. Viele gingen leer aus. Mit der Medaille um den Hals ging es heimwärts. Zufrieden - und überzeugt, das Beste gezeigt zu haben.