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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Mammutbaby Dima lebt kurz und wirkt zehntausend Jahre

Von SILVIA BÜRKMANN 02.08.2010, 19:15

DESSAU/MZ. - Na gut, für's Foto wird am Ende ganz schön tief in den Schmalztopf gegriffen: Der Kleintransporter rumpelt über den Hinterhof in Richtung Wallstraße davon, die Museumsmitarbeiter bitte auf den Stufen postieren. Und winken! Taschentücher bereit halten? Nein, ganz so dramatisch fiel der der Abschied Montagvormittag nun doch nicht aus. Doch immerhin: Das Dessauer Museum für Naturkunde und Vorgeschichte schickt eines seiner wertvollsten Objekte als Leihgabe zur den naturwissenschaftlichen Sammlungen der "Stiftung Stadtmuseum Berlin" nach Charlottenburg. Dort wird das Mammutbaby "Dima" vom 17. September bis 20. Februar 2011 die Ausstellung "Eiskalt - Die Eiszeit in Berlin" zieren.

"Die beiden Museen pflegen bereits seit langer Zeit enge Kontakte und einen regen Austausch", erinnert Museumsdirektor Ernst Görgner daran, dass auch die aktuelle Ausstellung "Leben im urbanen Wandel: Igel, Fuchs und Käfer - Tiere in unserer Stadt" im Kontext zur Internationalen Bauausstellung viele Leihgaben aus Berlin zeigt.

Nun also erzählt das Mammutbaby Dima seine Geschichte vor großem Hauptstadt-Publikum. Geboren vor etwa 39 000 Jahren in den unendlich weiten Ebenen und Steppen Ostsibiriens, trottete der kleine Mammutbulle mit der Herde von Futterplatz zu Futterplatz, ernährt von der kargen Vegetation aus Moos, Kräutern und Zwergsträuchern. Auch in der Kälte Sibiriens konnten die reinen Pflanzenfresser überleben. In der Gegend um Magadan dann ereilte den kleinen Bullen sein Schicksal. Wie die Restauratoren erfuhren, war das Bullenkalb wahrscheinlich in eine Jagdfalle getappt, hatte sich am rechten Hinterfuß verletzt. Der weitere Marsch muss zur Tortur geworden sein. Die Herde aber folgte ihrem Überlebensinstinkt zu den nächsten Futterplätzen. Der verletzte Hinker Dima fiel zurück, mergelte mehr und mehr aus. Und stürzte irgendwann ermattet in eine Gletscherspalte. Aus der gab es kein Entrinnen mehr. Dimas Leben endete mit etwa vier Monaten.

Der Permafrostboden Sibiriens aber konservierte den kleinen Kadaver. Die drei Sommermonate im Jahr brachten Vegetation und Boden hervor, der aufschlämmte, in die Gletscherspalte rutschte, um im nächsten Dreivierteljahr wieder einzufrieren. In Schichten in diesen Boden wurde das Mammutbaby eingebettet und blieb in seinem Eis-Sarg unberührt. Bis ein Baggerfahrer 1977 bei Magadan auf seiner Suche nach der Goldmine auf eine wissenschaftliche Sensation stieß und das komplett erhaltene Mammutbaby aus dem Dauerfostboden hob.

"Dima" bekam seinen Namen, die Koseform von Dimitri oder früher Demetrios aus dem Altgriechischen ("Sohn der Demeter"). Und er bekam die Chance für einen zweiten Auftritt auf der Erde. Wissenschaftler des Zoologischen Museums in St. Petersburg konservierten das Mammutbaby neu. Aus einer der Abgussformen konnte der Präparator Manfred Gräfe eine Replik fertigen für das Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Dessau. Dort gehört die Dima-Replik zur Dauerausstellung.

Obwohl bis zur letzten Eiszeit riesige Mammutherden die nördliche Erdhalbkugel bevölkerten, haben die kompletten Funde Seltenheitswert. Auch in Dessau haben Geologen und Zoologen den Durchzug von Mammutherden nachweisen können; mit Funden von Zahnfragmenten im Kühnauer See und in Kleinkühnau.

Verlassen haben die zottligen Riesen die Erde nach der Weichsel-Kaltzeit vor etwa 11 700 Jahren mit der Klimaerwärmung am Ende des Pleistozän und mit Beginn der bis heute andauernden Warmzeit des Holozäns. In Verzwergungsformen sind die letzten Mammuts auf der russischen Wrangelinsel im Arktischen Ozean um 4 5000 v. C. nachgewiesen, etwa 1,20 Meter hoch.

Da gehörte das Mammutbaby Dima noch in die größere Kategorie. Das Bullenkalb war immerhin schon 115 Zentimeter lang und 104 Zentimeter hoch geworden. Als ausgewachsener Bulle hätte er nach etwa vier Jahren eine Widerristhöhe von drei bis vier Metern erreichen können. Aber da hätte für den Abtransport einer Replik nach Berlin kein Kleintransporter mehr gereicht.