1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Dessau-Roßlau: Dessau-Roßlau: Geschichte(n) aus der Eichenbreite

Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Geschichte(n) aus der Eichenbreite

Von DANNY GITTER 01.08.2010, 19:47

DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Einst vor fast 70 Jahren auf dem sandigen und tonhaltigen Boden einer ehemaligen Ziegelei gegründet, blüht und grünt es heute in den 314 Parzellen in der Nähe der Bahnschienen im Süden Dessaus. Der Weg dahin beschreibt auch ein Stück Kulturgeschichte des Gartens, die das rund 15 Hektar große Areal erzählt. "Als die Sparte 1942 gegründet wurde, war die Nachfrage nach Kleingärten riesig", erzählt Ulrich Metscher, der heutige Vereinsvorsitzende.

Wohl dem, der wenige Jahre später, gerade nach Kriegsende, eine der damals noch rund 70 Parzellen sein Eigen nennen konnte. Es war aber auch die Zeit, wo der Verein von Jahr zu Jahr beständig an Größe zugelegt hat. Aus mehreren Dutzend wurden hunderte Vereinsmitglieder. Doch nicht nur Gartenarbeiten verbanden in den ersten drei Jahrzehnten nach dem Krieg die Anlieger der Eichenbreite. Es waren der vereinseigene Männerchor und die Handarbeitsgruppen, die Metscher beim Blättern in seinen Recherchen zur Vereinsgeschichte noch heute von "einer richtigen Gemeinschaft" schwärmen lässt.

Zu dieser Zeit, vor 49 Jahren, schuf sich auch Günter Wesche sein grünes Kleinod, dem er heute noch viel Aufmerksamkeit widmet. "Ich habe damals noch Steine vom Scherbelberg für meine Laube rangeschafft", erinnert sich der heutige Rentner noch genau an die Anfänge in der Kolonie. Wo sich heute rings um die Laube Grünflächen, Beete, kleine Burgen, Schlösser und Figuren ein Stelldichein geben, waren es früher vor allem Anbauflächen für Obst und Gemüse, die das Bild bestimmten. "So ein Garten war ja damals auch finanziell von Vorteil", gibt Metscher zu bedenken. Was neben der Selbstversorgung überblieb, wurde als Überschuss in den Handel gegeben, erinnert sich der Vereinsvorsitzende. Hans-Otto Buchholz, sein Stellvertreter, kennt noch heute eine Anekdote zum Internationalen Frauentag, wo manchmal die Blumen knapp wurden und Kleingärtner glücklicherweise helfend einspringen konnten.

Auch Wesche hatte bis in die neunziger Jahre ein Gewächshaus, wo er Tomaten und Pflanzen züchtete. In dieser Situation war es nicht verwunderlich, dass es in den achtziger Jahren eine lange Warteliste mit bis zu 100 Bewerbern gab, die mit einem eigenen Garten dem Mangel begegnen wollten. Es war dann auch vor zwanzig Jahren, als sich die Situation schlagartig änderte und alle drei Gärtner hautnah den Wandel miterlebten.

In einer Zeit, wo nicht mehr Beziehungen, sondern Geld wieder die härteste Währung war, begann die große Verschönerung der Anlage. "Wir haben Wege saniert, einen neuen Parkplatz gebaut und die Trinkwasserleitungen erneuert", erinnert sich Metscher an die ersten großen Maßnahmen kurz nach der Wende. Da jetzt auch der Mangel beseitigt war, ließ das Interesse an einem eigenen Garten schnell nach. Die Bewerberlisten wurden eingestampft und überschüssiges Obst und Gemüse werden die meisten Kleingärtner heute oft nur noch durch gutes Zureden kostenlos im Bekanntenkreis und in der Verwandtschaft los. "Es ist Vorschrift rund ein Drittel der Gartenfläche mit Obst und Gemüse anzubauen", beschreibt Buchholz. "Bei den großen Flächen zwischen 400 und 500 Quadratmetern kommt da einiges zusammen", ergänzt er noch.

Wesche, dessen Garten heute mit Grünflächen, Blumenbeeten und einem Teich zur Erholung einlädt, möchte seine Kartoffeln, Schoten und Mohrrüben aus eigenem Anbau trotzdem nicht missen. "Eigenes Obst und Gemüse ist doch besser und viel frischer", so sein Credo. Doch nicht nur zur Erholung und zur Selbstversorgung dient den Kleingärtnern der Eichenbreite heute ihre Parzelle. Es ist auch ein ökologisches System, dessen Gleichgewicht es zu erhalten gilt.

Unter anderem mit einem "Hotel" für Insekten, wie Fliegen und Wespen, die ohne Chemie den natürlichen Feinden, wie der Blattlaus den Garaus machen sollen, bewirbt sich die Gartensparte um den diesjährigen Umweltpreis der Stadt Dessau-Roßlau. Vielleicht hängt dann pünktlich zum großen 70. Jubiläum in zwei Jahren eine neue Urkunde im Vereinsheim. Ein kleines Jubiläum wurde übrigens schon am Sonnabend gefeiert. Da fand das Gartenfest der Eichenbreite zum 50. Mal statt.