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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: FKK zwischen Himmel und Hölle

Von DANNY GITTER 16.02.2011, 18:35

DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Kochstedter Karnevalsmuffel müssen jetzt ganz stark sein. Denn Max und Paul trällern bereits fröhlich zur bekanntesten Melodie von Wolfgang Petry: "Wir werden weiter spielen. Spielen, Spielen, Spielen. Wir sind noch lange da". Zehn Jahre haben die beiden Kochstedter Originale nun schon auf dem Buckel und sind aus dem hiesigen Karnevalsprogramm nicht mehr wegzudenken.

Zehn Jahre ist es nun her, dass sich über ein Dutzend Kochstedter in den Kopf setzten einen eigenen Klub für die fünfte Jahreszeit aus der Taufe zu heben. Hätte der organisierte Frohsinn verhindert werden können? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Qué será. "Schuld" ist vielleicht der Wettergott. Hätte es 2001 zu Christi Himmelfahrt, im säkularen Gebrauch auch als Männertag bekannt, nicht wie aus Eimern geschüttet, wäre die geplante Kremserfahrt im buchstäblichen Sinne des Wortes "nicht ins Wasser gefallen". Diese Gründungslegende ist unter den Kochstedter Karnevalisten mittlerweile ein Running Gag.

Um der Geselligkeit keinen Abbruch zu tun, ging es in den Grünen Baum. Hier gedieh dann der Plan, den Frohsinn im Dessauer Vorort selber zu organisieren. "Nachdem der Karneval nach Kühnau gezogen ist, war in Kochstedt nichts mehr los", beschreibt Paul, alias Thomas Kirchhof, die damalige Gefühlslage vieler Bewohner.

Den Entschluss schnell gefasst, erfuhr dann rund ein halbes Jahr später am 11.11. vor zehn Jahren der eigene Karnevalsvereins seine Feuertaufe. Die ungezwungene Veranstaltung kam gut an, und so wurde eifrig an der ersten Karnevalsfeier für den 19. Januar 2002 gebastelt. Der Rest ist Geschichte. Und die wiederholt sich ja bekanntlich, in Kochstedt viermal in der fünften Jahreszeit. Einmal am 11.11 und an drei Samstagen in der heißen Phase. Diese begann am vergangenen Sonnabend im Grünen Baum und wird die nächsten zwei Samstagabende noch weitergehen.

Bei allem Humor regiert immer eine Portion Ernst mit. Schließlich soll die über zweistündige Show perfekt sein. Eine gute Vorbereitung war da die Generalprobe am vergangenen Freitagabend. Robin Hood kommt auf die Bühne, aber die Musik setzt zu spät ein. Ein anderes Mal ist die Musik schon im vollen Gange, aber der Vampir lässt auf sich warten. Bei aller Hektik verpatzt auch noch der Moderator. Am Samstag, zur Premiere, saß jedoch der Part von jedem.

Hoch über der Bühne prangen die drei Buchstaben FKK - in diesem Falle Freunde des Kochstedter Karnevals statt Freikörperkultur. Obwohl es hier allerdings auch bei manchem Kostüm und verbal in der Bütt sowie beim Dialog zwischen Max und Paul schlüpfrig zugeht. Ehe das Programm präsentiert werden kann, steckt eine Menge Vorbereitung drin. "Schon nach der ersten Show beginnt für uns die Vorbereitung für das nächste Jahr", verrät Karin Stöbe. Erst wird gesponnen, werden Ideen aufgeschrieben, ehe dann im Sommer die ernsthaften Vorbereitungen beginnen. Dann steht das Motto, müssen Kostüme genäht und Choreografien studiert werden. Das war diesmal nicht anders.

"Himmel und Hölle" ist das Motto der Jubiläumssession und schwingt sich durch das aktuelle Programm wie ein roter Faden. Wo sind diese beiden Dimensionen nahe beieinander? Auf der Reeperbahn! meinte Achim Pätzold in seiner Büttenrede. Einen satirischen Jahresrückblick auf Dessau-Roßlau und das übrige Weltgeschehen lieferten in ihrem Friedhofsrestaurant die Originale Max und Paul. "Der Notizblock lag immer griffbereit, um die Anregungen festzuhalten", sagt Max, alias Jörg Stöbe. Eine Menge Notizen waren Stoff für das Gag-Feuerwerk. Für das Friedhofsrestaurant steht ein tatsächlicher Kiosk vor dem Kochstedter Friedhof Pate - den es mittlerweile nicht mehr gibt.

Max Raabe durfte ebenso wenig fehlen, wie die vielen Tanzeinlagen. Egal ob jung oder alt, dick oder dünn - alles wirbelte über die Tanzfläche und schwang die Hüften zu "Waka, Waka" oder ließ "die Glocken von Rom" erklingen.

Obwohl der Verein bis zu 40 Mitglieder für sich begeistern kann und auf den ersten Blick keine Nachwuchssorgen kennt, sind auch hier neue Jecken willkommen. "Uns fehlt vor allem der Mittelbau, die Leute von 30 bis 40", wirbt Karin Stöbe besonders um diese Altersgruppe. Wer sich dann mit dem Kochstedter Karnevalsvirus infiziert, wird schnell merken "In Kochstedt ist alles anders". Das ist der inoffizielle Leitspruch der hiesigen Karnevalisten. Darauf ein dreifaches Kochstedt Applaus... auch die nächsten zehn Jahre.