Denkmal mit Blendwerk
Dessau/MZ. - Warum sie sich überhaupt auf das Projekt eingelassen hätten? "Ganz einfach", erwidert Andreas Graupner, Chef der Dessauer Diringer- & -Scheidel-Niederlassung. "Wir haben es uns einfacher vorgestellt." Seit drei Jahren ist die Baufirma Eigentümerin des Palais Bose, eines denkmalgeschützten Gebäudes in der Johannisstraße. Seit drei Jahren steht es leer. Termine wurden genannt, Termine verstrichen. Graupner gibt zu: "Es ist viel passiert und letztlich nichts geschehen."
Um das Denkmal wird heftig gestritten. Meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Kernfrage lautet: Wird das Denkmal Palais Bose erhalten, wenn es zum Altenheim umgebaut wird? Oder wird es zerstört? Das glaubt nicht nur Bernd Dombrowski. Als Restaurator hat er im Auftrag von D & S das Haus gründlich untersucht - eine Maßnahme, die vorgeschrieben ist, bevor für ein Denkmal überhaupt eine Baugenehmigung erteilt werden kann. Sein Befund, wonach es sich um das besterhaltene Palais in Dessau handele, mag angesichts des gegenwärtigen Zustands des Gebäudes verblüffen. Von Bomben wie von Umbauten blieb es aber weitestgehend verschont.
Dombrowski graut deshalb vor den Umbauten, die notwendig sind, aus dem Palais ein Altersheim zu machen. Im bündnisgrünen Stadtrat Thomas Busch, Manager der Brauerei-Sanierung, hat er einen Mitstreiter gefunden. "Wenn das Landesamt für Archäologie und Denkmalschutz diesen Umbau genehmigt, kümmere ich mich bei der Brauerei nicht mehr um Denkmalschutz." Er unterstellt D & S Profitgier, verweist auf den Umgang der Firma mit Baudenkmalen hin. Katzenhaus, Schwabehaus, Pächterhaus - stets habe D & S abreißen wollen. Im Falle zweier Nachbarhäuser des Palais Bose hat der Wunsch zum Ziel geführt: zwei denkmalgeschützte Häuser aus dem 18. Jahrhundert wurden schon vor Jahren geschleift.
Der dort entstandene Neubau sollmit dem Palais Bose verbundenwerden. Damit wird dort der Einbau eines zusätzlichen Treppenhauses notwendig, um die unterschiedlichen Etagenhöhen ausgleichen zu können. Ein Fahrstuhl erst
macht das Haus als Altersheim nutzbar. Nach vielen Gesprächsrunden mit den beteiligten Behörden hatten die sich einverstanden erklärt. Dombrowski glaubt, damit werde das Denkmal zerstört. Graupner dagegen kann sich auf die Vereinbarungen berufen - und auf etliche Änderungen, auf die man sich eingelassen habe.
Einige Forderungen muten absurd an: So werden historische Türen erhalten, obwohl die Türöffnungen aus Gründen des Brandschutzes zugemauert werden - Denkmalschutz als Blendwerk. Der Einbau großer Dachgauben wurde genehmigt, dafür auf der alten Fenstersprossung beharrt. Zwischen den Anforderungen von Brandschutz, Heimmindestbauverordnung und Denkmalschutz ist ein Kompromiss herausgekommen, der für Dombrowski unerträglich ist, während Graupner damit leben könnte. Und die Behörden. "Das Bauordnungsamt steht mit der Baugenehmigung Gewehr bei Fuß."
Erteilen kann es sie aber nicht, so lange vom Landesamt immer noch Einwände vorgebracht werden. Dessen Chef hat seinen Segen erteilt. Doch auf Mitarbeiterebene wird nun heftig gebremst - mit Hinhaltetaktik statt offener Debatte. Protokolle lassen drei Wochen auf sich warten. Und als vor wenigen Tagen in einem Abschlussgespräch die letzten Details geklärt werden sollten, ließ ein Denkmalschützer erklären, diese nicht so schnell schriftlich fixieren zu können: Er gehe leider am nächsten Tag in Urlaub.