Brieftauben Brieftauben: Sprichwörtlich wie im Taubenschlag
Mühlstedt/MZ. - Am Samstag ging es im Mühlstedter Landhandel im wahrsten Sinne des Wortes wie in einem Taubenschlag zu. Grund war das Treffen der Brieftaubenzüchter des Vereinsleben Luftbote 01629 Roßlau, der in diesem Jahr sein 95-jähriges Bestehen feiert.
Sportfreunde aus Roßlau, Dessau, Wittenberg, Bitterfeld, Sangerhausen, Leipzig, Loburg und sogar aus dem Ruhrgebiet ließen aus ihrem Bestand, der etwa 50 bis 70 Tiere pro Züchter umfasst, je einen Vogel und ein Weibchen zum Schönheitswettbewerb antreten. Insgesamt nahmen an der Wahl 70 Brieftauben teil.
"Die Tauben werden nach internationalen Standardbestimmungen wie Gesamteindruck, Knochenbau, Muskulatur, Flügel und Qualität des Gefieders kritisch bewertet", erklärte Hans-Joachim Wechselberger. Der 46-Jährige ist der Geschäftsführer der Reisevereinigung Dessau, die Schirmherr der Veranstaltung war.
Bereits seit 20 Jahren findet das Treffen der Brieftaubenzüchter in Mühlstedt statt. Bei kostenlosem Mittagessen mit Schwein am Spieß, zu dem auch traditionell Roßlaus Bürgermeister Klemens Koschig kam, warteten die Aussteller die Prämierung der schönsten Tauben ab. Peter Zacke, Vorsitzender der Reisevereinigung Dessau, war mit der Resonanz der Veranstaltung sehr zufrieden. "Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass am letzten Wochenende im Januar der Tag der Brieftaubenzüchter in Mühlstedt ist. Neben den Züchtern an sich kommen auch immer wieder Interessierte aus der Bevölkerung", weiß der 55-Jährige zu berichten. Nach der Wende wäre im Mitgliedsverzeichnis zwar ein leichter Rückgang zu verzeichnen gewesen, diese Tendenz hätte sich jedoch in den letzten drei Jahren umgekehrt. "Wir gehören zu den größten Brieftaubenvereinen in ganz Deutschland", fügte er noch stolz hinzu. Zacke hatte letztendlich noch einen Grund zur Freude. Sein Vogel wurde zum Schönsten gekürt.
"Wer erst einmal Brieftauben hat, kommt nicht mehr weg davon. Man ist sozusagen von einem Virus infiziert", scherzte Wolfgang Miehlitz. Der stellvertretende Vorsitzende des Vereinsleben Luftbote genießt die Treffen der Züchter, die im Winter ein Mal pro Monat und im Sommer jedes Wochenende stattfinden. Deutlich wies der 50-Jährige daraufhin, dass der Verein nicht zu den Rassetaubenzüchtern gehört. "Bei denen kommt es nur auf die Schönheit an. Unsere Vögel müssen jedoch auch Flugleistungen erbringen." Deshalb legen die Brieftauben 4500 Flugkilometer jedes Jahr von Mai bis Juni, verteilt auf zwölf Wettkampftage, zurück.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit, nach der übrigens auch die Rangliste aufgestellt wird, beträgt 80 bis 100 Kilometer pro Stunde. Manipulation ist dabei dank Einsatz eines Chipringes zur elektronischen Registrierung nicht möglich. Im internationalen Vergleich führt Deutschland mit Belgien und den Niederlanden die Spitze der Tabelle an. Das Highlight dieses Jahres in unserer Region ist für den Verein eindeutig die Landesschau Sachsen-Anhalt Ende November in der Elbe-Rossel-Halle.
"Unser Hauptproblem", meinte Peter Zacke, "sind die Greifvögel. Deshalb können wir unsere Tauben nur im Sommer fliegen lassen." Ab Herbst würden die Habichte und Sperberweibchen in unserer Region nämlich direkt am Taubenschlag warten. "Wahrscheinlich wissen sie, dass unsere Vögel gut gefüttert werden", mutmaßte er. Der Verlust einer Taube ist aber nicht nur durch Greifvögel erklärbar. Bis jetzt ist nämlich noch nicht erforscht worden, woran sich die Vögel orientieren. Die Hauptvermutung ist das Magnetfeld der Erde. Dieses wird jedoch unter anderem durch Sonnenstürme und den großflächigen Einsatz von Handys gestört. Dadurch finden regelmäßig einige Brieftauben nicht mehr zum Heimatschlag zurück.