Applaus nur aus Bäumen Bei den Musikern von "Capriccio" aus Sollnitz ist der Traumsommer wegen Corona zum Sömmerchen geworden

Sollnitz - Das Konzert hat drei Stunden gedauert. Denn das Publikum hat die Musik und den lauen Sommerabend auf der Burg Beeskow im brandenburgischen Oder-Spree-Kreis Anfang August genauso genossen, wie die zwei Künstler auf der Bühne.
Sängerin Sabine Waszelewski und ihr musikalischer Partner Klaus-Jürgen Dobeneck fanden es bemerkenswert, dass der Veranstalter den Garten der Wasserburg zusätzlich für Zuhörer geöffnet hatte und die Leute in den Garten zum Zuhören eingeladen waren. Der Applaus - auch der für die vom Publikum geforderten Zugaben - kam demzufolge auch aus den Bäumen, schildert Waszelewski, wie sich das am späten Abend auf der Bühne angefühlt hat.
Generell, so die Sängerin, genieße sie es, nach langen Wochen Abstinenz, jetzt wieder etwas mehr zu touren und auf den Bühnen zu stehen. „Wir hatten einen tollen Musiksommer vor uns“, sagt Waszelewski rückblickend. Ein unsichtbarer Virus hat diese Pläne allerdings Anfang des Jahres jäh durchkreuzt.
Beide touren seit zwölf Jahren als musikalisches Duo „Capriccio“
Waszelewski (Sängerin und Moderatorin) und Dobeneck (Berufsmusiker Gitarre und Querflöte) sind in Dessau-Roßlau, genauer gesagt, im abgeschiedenen Sollnitz zu Hause. Beide touren seit zwölf Jahren als musikalisches Duo „Capriccio“ mit verschiedenen bemerkenswerten Programmen (Ostrock: Wer die Rose ehrt; Rocklegenden; Klassik trifft Rock) durch die Lande. Zum Repertoire der beiden Profi-Musiker gehören eigentlich alles „Lieblingstitel“ vor allem der Ostdeutschen. Sehr viele davon finden sich im aktuellen Programm von Capriccio, das in Erinnerung an ein historisches Ereignis erarbeitet wurde.
In diesem Jahr im Oktober jährt sich die Wiedervereinigung von West und Ost zum 30. Mal. Dobeneck und Waszelewski übersetzten das für sich künstlerisch folgendermaßen: „Als ich fortging - der Soundtrack unserer Jugend: Songs und Geschichten aus den 70er und 80er Jahren.“
Sie erinnern mit ihrem aktuellen Programm an Titel von Karat, an Lieder der Bands Renft, Silly, den Puhdys, Karussell, Electra, aber auch an Songs von Joe Cocker, den Beatles, den Scorpions oder den Hollies. Das Programm wurde schon im Winter geprobt. Waszelewski war im Februar vor dem Hintergrund eines mit Auftritten ausgebuchten Sommers in den Urlaub gefahren.
Dobeneck und Waszelewski hatten noch drei Auftritte im März
Dort nahm sie ziemlich bewusst die vielen Meldungen über Corona und die Entwicklungen in China wahr. Sie war Anfang März erleichtert, dass der Lockdown im Frühjahr anstand. „Dann wird die ganze Misere bis zum Sommer vorbei sein“, schildert sie ihre ersten Gedanken. Dass sie ein Berufsverbot treffen könnte, war für sie kaum vorstellbar.
Dobeneck und Waszelewski hatten noch drei Auftritte im März und dann haben sie sich mehrere Wochen nicht gesehen, obwohl sie fast Nachbarn sind. Vor allem hielt die Sängerin sich strikt an die Regeln mit Rücksicht auf ihre betagte Mutter. „Ich wollte niemanden in Gefahr bringen“, schildert Waszelewski.
Mit den Lockerungen in den Landesverordnungen und mit Blick auf den Rückgang der Infektionen in Dessau-Roßlau einher wurde in Sollnitz der Probenraum wieder ein fester Arbeitsort. Denn lange lag ihr Programm auf Eis. Viele Titel mussten gefestigt werden. Was leicht und locker auf der Bühne aussieht, das ist für das Duo harte Arbeit. Als Profis wollen sie nichts dem Zufall überlassen.
Traditionelles Konzert am 29. Dezember in der Marienkirche soll stattfinden
Anfang Juli hatte Capriccio den ersten Auftritt. Doch da stand bereits fest, dass der lange geplante „Traumsommer“ ein Sömmerchen wird. Es gab Veranstaltungsabsagen. Viele Veranstaltungen und damit verbunden eben auch Auftritte wurden auf das kommende Jahr verschoben. Einige neue Veranstaltungen aber kamen auch hinzu. Trotzdem, es gibt Absagen bis in den Oktober hinein, die Durststrecke ist lange noch nicht vorbei.
Ärgerlich finden Sabine Waszelewski und Klaus-Jürgen Dobeneck, dass sie ihr aktuelles Programm nicht so oft wie geplant spielen und singen können. Das Jahr geht, das historische Datum im Oktober gehört bald der Geschichte an. Weshalb Capriccio jetzt darüber nachdenkt, 2021 das Programm in Anlehnung an „30 plus eins“ beizubehalten. Darüber hinaus wollen die beiden Künstler ein zweites Rocklegenden-Programm erarbeiten.
Das aber sei eine erste Überlegung, betont Dobeneck und weiß, noch öfter wird der Soundtrack der Jugend in diesem Jahr zu hören sein. Auch in Dessau. Dort planen die Künstler am 29. Dezember in der Marienkirche ihr Konzert. Und halten damit eine Tradition aufrecht. In jedem Jahr singt Capriccio Ende Dezember dort vor ausverkauftem Haus. „Das wäre ein schöner Abschluss“, findet Waszelewski. (mz)