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Bauhaus Dessau Bauhaus Dessau: Perren übernimmt Oswalts Nachfolge

Von christian eger 12.03.2014, 17:59
Mädchen aus Ostberlin: Die in Australien lehrende Architektin Claudia Perren, 41, wird Bauhaus-Direktorin.
Mädchen aus Ostberlin: Die in Australien lehrende Architektin Claudia Perren, 41, wird Bauhaus-Direktorin. Perren Lizenz

Halle (Saale)/magdeburg/MZ - Am Dienstag schien noch alles offen. In Dessau genauso wie in Berlin. Dort hatte sich der Stiftungsrat des Bauhauses versammelt, um die letzten, aus insgesamt 28 Einsendern in die Endrunde geladenen Bewerber um das Direktorenamt der Stiftung Bauhaus Dessau anzuhören.

"Externer Sachverstand"

Das dauerte länger als erwartet. Bis in die späten Abendstunden wurde in der Landesvertretung Sachsen-Anhalts beraten, assistiert von Matthias Noell, Architekturhistoriker an der Burg Giebichenstein in Halle, und von Volker Rodekamp, Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums in Leipzig und Präsident des Deutschen Museumsbundes. Der Stiftungsrat, dem ja ersatzlos der Wissenschaftliche Beirat abhanden gekommen war, hatte - wenn schon keine Findungskommission aufzubieten war - den Einsatz von „externem Sachverstand“ angekündigt.

Von den Abstimmungen drang am Dienstag keine Mitteilung nach draußen. Bei Nachfragen wurde man auf den nächsten Tag vertröstet. Und darauf verwiesen, dass es ja auch nicht im Interesse der Stiftung läge, die Direktorenfrage endlos lange offen zu halten.

Die Direktorenfrage. Die lautete seit Oktober vergangenen Jahres: Wer folgt Philipp Oswalt nach, dem von Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) nach einer einzigen, aber sehr erfolgreichen Amtszeit der Stuhl vor die Tür gesetzt wurde? Wird es eine Direktorin, von der der Buschfunk seit Wochen recht genaue, aber niemals bestätigte Nachrichten zu geben wusste? Oder ist es Philipp Oswalt, der sein eigener Nachfolger wird? Was nicht auszuschließen war. Das hätte für einige Akteure die Möglichkeit geboten, ohne Gesichtsverlust aus der Bauhaus-Affäre zu kommen, die wie keine sachsen-anhaltische Kultursache zuvor deutschlandweit die Feuilletons beschäftigte.

Morgen-Gruß per E-Mail

Aber am Mittwoch herrschte erst einmal: Schweigen. Nicht überall. In einer am Morgen versandten Mail dankte Philipp Oswalt den Journalisten für die Teilnahme an seiner Abschiedspressekonferenz Ende Februar und lud sie zu den anstehenden Bauhausterminen ein. Also zur Eröffnung der rekonstruierten Meisterhaussiedlung mit Bundespräsident Joachim Gauck und Unesco-Chef Kishore Rao am 16. Mai. Und zur Präsentation der Schau „Dessau 1945: Moderne zerstört“, die, wie Oswalt schreibt, „von mir nun als Externer kuratierte Ausstellung“. Nun als Externer? Das meinte wohl, als künftig nicht mehr am Bauhaus Beschäftigter.
Genau das hieß es. Obwohl seit den Morgenstunden alles klar war, ging erst kurz nach 17 Uhr die Pressemitteilung heraus, die überschrieben war: „Erstmals eine Frau an der Spitze des Bauhauses in Dessau“. Was tatsächlich meint: an der Spitze der Stiftung Bauhaus. Denn mit dem historischen Bauhaus hat ja die Stiftung nur den Namen gemein.

Internationale Erfahrung und kreativer Einsatz

An deren Spitze steht also vom 1. August an die Architektin und Dozentin Claudia Perren, eine Ostberlinerin vom Jahrgang 1973, die seit acht Jahren Geschichte und Theorie der Architektur und Kunst an der Universität von Sydney (Australien) lehrt. „Mit ihrer großen internationalen Erfahrung und einem kreativen Ansatz“ habe die 41-Jährige den Stiftungsrat überzeugt, lässt sich der Kultusminister und Stiftungsratsvorsitzende in der Pressemitteilung zitieren.
Die berichtet über die künftige Direktorin: Die verheiratete Mutter von zwei Kindern studierte Architektur an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und in New York, absolvierte ein Postgraduiertenstudium in Zürich und wurde 2005 in Kassel im Fach Architekturtheorie promoviert. Claudia Perren, die sich gestern Abend auf dem Rückflug nach Australien befand, wird in der Pressemitteilung mit einem Statement zum Bauhaus zitiert: „Grundsätzlich finde ich den Ansatz richtig und wertvoll, dass die Stiftung Bauhaus Dessau ein Ort der Forschung, Lehre und experimentellen Gestaltung sein soll, ein Archiv der Moderne und zugleich Labor der Zukunft.“ Und: „Hier will ich gerne anknüpfen.“ Grundsätzlich? In der Stiftung wird man das genau lesen.

„Erstmals eine Frau“

Nun also: nicht Oswalt, sondern Perren. Was denn auch vor aller Leistung gleich als Erfolg vermeldet wird: „erstmals eine Frau“. Kritische Aufmerksamkeit ist der Entscheidung garantiert, so oder so. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, hatte bereits vorab in der MZ erklärt, dass sie nicht ohne weiteres akzeptieren werde, wenn „sich der zuständige Minister jetzt auch noch hinter einer Frau verstecken“ muss, „um sein Tun zu rechtfertigen und um überhaupt damit durchzukommen“. Die Bauhaus-Story wird fortgeschrieben. Demnächst mit Claudia Perren, die laut Pressemitteilung im Sommer „den Umzug nach Dessau-Roßlau vorbereiten“ will.

Blick auf das Hauptgebäude der Bauhausschule in Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt)
Blick auf das Hauptgebäude der Bauhausschule in Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt)
dpa Lizenz