Basketball-Oberliga Basketball-Oberliga: Traum nach Albtraum: BC Anhalt vor besonderer Finalserie

Quedlinburg/Dessau - Am Montag wird es genau zwei Jahre her sein. Begreifen kann es bis heute keiner. Während eines Play-off Spiels in Dessau verloren die Oberliga-Basketballer der BG Quedlinburg/Aschersleben Tigers II ihren Trainer Florian Zillibiller. Der langjährige Coach erlag plötzlich und ohne Vorwarnung einem Herzinfarkt.
BCA-Spielertrainer: Es war der furchbarste Augenblick meiner Karriere
„Es war der furchtbarste Augenblick meiner Karriere“, erinnert sich Dessaus Spielertrainer Mario Friedrich, „es war brutal und tat so unendlich weh.“ Während die Dessauer nach dem abgebrochenen Spiel ins Finale einzogen, den Titel holten und ihn 2017 verteidigten, sollte sich für die BG der Schmerz noch steigern.
Nachdem die Mannschaft unter ihrem neuen Spielertrainer Gunther Schimpfermann 2016/17 den Abstieg aus der Oberliga nur dank eines starken Schlussspurts verhindern konnte, verlor sie im April 2017 auch noch ihren Abteilungsleiter Hinrich Paetzmann. „Wir vermissen beide“, sagt Flügelspieler Sebastian Lindenberg, „wir waren gezwungen, ganz neu zu beginnen.“
Es gibt keinen Gewinn ohne Verlust. Und keinen Verlust ohne Gewinn. Sebastian Lindenberg spürt das. „Florian und Hinrich mussten uns verlassen“, sagt Lindenberg, „aber sie haben uns auch allen etwas hinterlassen.“
Duell des BC Anhalt und Quedlinburg ist ein besonderes
Wenn sich am Sonntag (16 Uhr, Bodelandhalle) die BG Quedlinburg/Aschersleben Tigers II und der BC Anhalt aus Dessau im ersten von maximal drei Finalspielern um den Landesmeistertitel im Basketball gegenüberstehen, dann ist dieses Aufeinandertreffen kein gewöhnliches. Was vor allem eben am Tag danach liegt - und der Art und Weise, wie die BG Quedlinburg/Aschersleben Tigers II damit umgegangen ist.
Auf dem Weg aus der dunkelsten Stunde zurück ans Licht folgten Mannschaft und Verein auf und neben dem Parkett dem gleichen Weg: Sie verteilten die Verantwortung auf viele Schultern und versprachen sich gegenseitig, diese auch wahrzunehmen.
„Wir treten permanent als Team auf, es gibt keine Egoismen“, sagt Sebastian Lindenberg. Der 32-Jährige bildet gemeinsam mit Liga-Topscorer Tobias Münch den Kopf der Mannschaft, die 2017/18 erst im letzten von 18 regulären Saisonspielen eine Niederlage kassierte, dabei zweimal den BC Anhalt schlug und deshalb auch als Favorit in die Finalspiele geht.
Sportliche Konkurrenz trotz großer Sympathien
„Es ist bemerkenswert, wie sich das Team nach diesen Rückschlägen wieder entwickelt hat“, sagt Mario Friedrich, „das hat uns alle sehr gefreut in Dessau.“ Doch die Sympathie, geboren aus dem gemeinsam Erlebten, steht der sportlichen Konkurrenz nicht im Wege. „Beide Mannschaften wollen diesen Titel holen, dafür sind wir alle Sportler“, sagt Friedrich.
Die Dessauer träumen trotzdem vom bisher nie erreichten Titel-Triple in der Oberliga und bemühen dafür die Geschichte: Auf dem Weg zu beiden Meisterschaften rang der BC Anhalt in den Play-offs jeweils das beste Team der regulären Saison nieder und ließ sich dabei auch vom fehlenden Heimvorteil nicht stoppen.
Weil zweimal auf den Aufstieg in die 2. Regionalliga verzichtet wurde, kann die Mannschaft um die beiden Ex-Ascherslebener Regionalligaspieler Stefan Ahrens und Daniel Lindner nun den nächsten Anlauf starten. Ahrens ist hinter Münch der zweitbeste Scorer der Liga, Lindner hat mit 50 erfolgreichen Dreipunktwürfen so erfolgreich wie kein anderer aus der Distanz verwandelt. „Es ist der Gefühlsgipfel. Es sind die beiden besten Teams der Liga und es wird auf Nuancen ankommen“, ahnt Sebastian Lindenberg.
Quedlinburg setzt auf Mischung aus Spaß und Ehrgeiz
Eine besondere Rolle spielt dabei auch Gunther Schimpfermann. Der Spielertrainer der BG hat eine erstaunliche Entwicklung hinter sich. „Er hat etwas Zeit gebraucht, genau wie wir alle“, sagt Sebastian Lindenberg, „doch nun hat er für uns die richtige Mischung aus Spaß und Ehrgeiz gefunden.“ Schimpfermann ist aus dem Schatten seines Mentors und langjährigen Trainers Florian Zillibiller getreten und hat seinen eigenen Weg gesucht. Er musste es.
Darin liegt das Besondere dieser Mannschaft: Sie hat neu begonnen und trotzdem nicht vergessen. Sie hat Zillibillers Witwe nicht alleingelassen, sie ist bei vielen Spielen dabei, natürlich auch am Sonntag. An den Geburts- und Todestagen von Florian Zillibiller und Paetzmann sitzt das Team zusammen, erzählt sich alte Geschichten und denkt zurück. Denn die beste Erinnerung ist: Das Weitermachen.
(mz)