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Baden im Strom Baden im Strom: Ins Wasser nur nach amtlicher Prüfung

Von Karl Jüngel 19.08.2004, 15:34

Dessau/MZ. - Wann die ersten offiziellen, d. h. behördlich genehmigten Badeanstalten an der Elbe entstanden, konnte bisher nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Unbestritten ist jedoch, dass auf "gnädigsten Specialbefehl" abgefasst eine Badeordnung zur Errichtung einer Flussbadeanstalt in Dessau von 1818 vorliegt.

Diese Strombadeanstalt zur öffentlichen Nutzung bestand aus drei Badezimmern. Diese unterschieden sich durch ihre Wassertiefen, die 2 Fuß 9 Zoll (86,3 cm), 3 Fuß 2 Zoll (99,2 cm) und 3 Fuß 6 Zoll (109,7 cm) betrugen. Jedes der Badezimmer hatte einen gesonderten Klingelzug, um entweder die angestellte Badefrau oder die persönliche Bedienung bei Bedarf herbeirufen zu können. Die Einlasskarten für diese Badeanstalt wurden nur in der Zeit von 6 bis 8 Uhr und von 12 bis 14 Uhr ausgegeben. Die maximal zulässige Badezeit betrug eine Dreiviertelstunde.

Der Aufbau der Badeanstalten war in jeder Stadt unterschiedlich, in einigen Orten, wie in Dresden oder Magdeburg waren es schwimmende Kunstwerke mit gewaltigen Abmessungen. In Schönebeck war ein ausgemusterter Elbkahn zur Badeanstalt umgebaut worden. Eines hatten die Badeanstalten zu dieser Zeit gemeinsam, es wurde streng nach Geschlecht und Alter in den Umkleide- und Badezellen getrennt.

Grundsätzlich war das Baden in de Elbe nur an gekennzeichneten Stellen erlaubt, in Dessau etwa gegenüber dem Kornhaus. Hier gab es keine Untiefen und dafür Sand, der jenem an der Ostsee in nichts nachstand. Zunächst konnt man nur mit einem Handkahn übersetzen.

In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts setzte die Stadt Dessau ein motorisiertes Schiff ein. Es hieß "Stadt Dessau" und war für 80 bis 100 Personen zugelassen. Jüngere und mutige Dessauer verzichteten auf eine solche Überfahrt und schwammen durch die Elbe. Besonders reizvoll war das Hineinschwimmen in die Wellen, die die großen Raddampfer erzeugten. Die Polizei versuchte zwar gegenzusteuern und vergab zeitweilig kostenpflichtige Schwimmerlaubniskarten nach entsprechender Prüfung. Das Baden an den vielen wilden Stränden der Elbe konnte damit nicht ausgeschlossen werden.

Mit der industriellen Entwicklung an der Elbe ab 1910 nahm die Wasserqualität mehr und mehr ab. Während des Zweiten Weltkrieges und der einhergehenden Kriegsproduktion verschärfte sich die Situation weiter und nach Kriegsende 1945 wurde der Zustand auch nicht besser. So war die Schließung des Strandbades von Dessau im Jahre 1953 nur eine folgerichtige Maßnahme. Auch die Freibäder in Wittenberg und Coswig stellten wenig später den Betrieb ein.

Wenn sich auch das Wasser der Elbe seit Mitte der 80er Jahre erholt hat, gab es nach der politischen Wende für die Elbe in punkto Wassergüte ein Qualitätssprung, weil viele Betriebe stillgelegt und Kläranlagen gebaut wurden. Der Sauerstoffgehalt stieg, jener der Schadstoffe verringerte sich. Inzwischen sind wieder mehr als 90 Fischarten in der Elbe heimisch.

In absehbarer Zeit dürfte es ein öffentliches Strombad an der Elbe dennoch nicht geben. Die Gesetze und Vorschriften für Badegewässer können an der Elbe nicht eingehalten werden.