Aufgeschmissen ohne Lift Aufgeschmissen ohne Lift: Mieter in Dessauer Ringstraße warten seit drei Wochen auf Reparatur

Dessau - Als sich die Mitteldeutsche Zeitung zum Vor-Ort-Termin per Telefon ankündigt, wird der Schlüssel im hohen Bogen von oben auf die Straße geworfen. „Vierter Stock“, ruft Horst Faulhaber nach unten.
Die Klingelanlage ist defekt, weshalb das Läuten an der Haustür in der Ringstraße zwecklos ist. Besucher, die das nicht wissen, drehen wieder um, ebenso Paketdienste. Der 77-Jährige hat deshalb seine Telefonnummer an der Hauseingangstür hinterlassen, auf dass er den Schlüssel werfen kann.
Noch mehr aber wurmt den Mieter und seine Nachbarn, die alle weit über 70 und 80 Jahre alt sind, dass auch der Fahrstuhl nicht funktioniert. Nach einem Blitzschlag am 1. Juni ist beides ausgefallen. Seit drei Wochen warten die Senioren darauf, dass endlich was passiert. Doch von ihrer Hausverwaltung, sind sie enttäuscht, bekämen sie keine richtigen Informationen.
Hedi Werther wohnt im ersten Obergeschoss und hat nur wenige Treppenstufen zu überwinden. Doch auch das Wenige ist für die 83-Jährige eine Qual. Sie ist auf den Rollator angewiesen. Treppab, erzählt sie, geht es noch ganz gut Stufe für Stufe, aber wenn sie zurückkommt mit ihren Einkäufen, kann sie die nicht auf einmal mitsamt Rollator nach oben bringen. Das Einkaufsgut wird Stück für Stück nach oben gebracht, zum Schluss der Rollator nachgezogen. „Aber so kann es doch nicht weitergehen“, klagt sie.
Für die Mieter ist es unverständlich, dass sie drei Wochen auf die Reparatur des Fahrstuhls warten müssen
Auch Ursula Schulze, die eine Etage darüber wohnt, ist auf den Rollator angewiesen. Nur mit Mühe überwindet auch sie die Treppen, hat die gleichen Probleme wie ihre Nachbarin. „Ich gehe nur raus, wenn ich unbedingt muss“, schildert sie.
„Wenn das Haus den Fahrstuhl nicht hätte, wären wir nicht hergezogen“, erzählt das Ehepaar Monika und Jürgen Ripke. Das gehört wie Horst Faulhaber und seine Frau Eleonore zu den Mietern, die vor 18 Jahren als erste in das frisch renovierte Haus gezogen sind. Alle schwärmen von dessen Lage direkt am Schillerpark. Eigentlich, bestätigen alle, lebt es sich hier sehr gut.
Der Fahrstuhl sei in den 18 Jahren zwar schon öfter mal ausgefallen, „aber manchmal noch am selben Tag, spätestens nach zwei Tagen hatte alles wieder funktioniert“, sagt Jürgen Ripke. Deshalb ist es für die Mieter unverständlich, dass sie nun schon drei Wochen auf die Reparatur warten müssen. Gerade auch bei dem warmen Wetter ist es beschwerlich, Einkäufe samt Getränke nach oben zu schleppen. Dabei, sagt Horst Faulhaber, hätten er oder die anderen Mieter jeden Tag aufs Neue im Vermietungsbüro vorgesprochen und die Dringlichkeit angemahnt. Auch hätten alle einen Brief geschrieben, die volle Miete wollen sie nicht mehr zahlen.
„Durch den Blitzschlag sind einige wichtige Bestandteile der Anlagen beschädigt worden“
Der Schaden an den Anlagen ist größer als anfangs angenommen, heißt es aus dem Büro der Paradigma Immobilien-Service GmbH in der Dessauer Gutenbergstraße, die das Haus verwaltet. Noch am selben Tag, als der Defekt bekannt wurde, seien die Monteure einer Elektrofirma und der zuständigen Aufzugsfirma hingeschickt worden, um das Problem zu begutachten und zu reparieren.
„Durch den Blitzschlag sind einige wichtige Bestandteile der Anlagen beschädigt worden. Diese mussten über Fremdfirmen angefragt und bestellt werden“, erklärt eine Mitarbeiterin der Firma Paradigma. Die Lieferung, stellt sie fest, könne durchaus, vor allem bei älteren Ersatzteilen, „einige Tage bis Wochen in Anspruch nehmen“. Von Seiten der Paradigma wäre aber immer wieder nachgehakt und Wert auf eine erhöhte Priorität der Reparatur gelegt worden. Die könne aber nicht „über unsere Mitarbeiter durchgeführt werden, weswegen wir auf die Mitarbeit der Fremdfirmen angewiesen sind“.
Die Geduld der Mieter mit dem Fahrstuhl wird weiter strapaziert
Die Rückmeldung von der Aufzugsfirma, wann diese die Reparatur durchführen kann, steht aber noch aus. Sobald die da sei, werde ein Aushang für alle Mieter mit konkreten Reparaturterminen angebracht. Immerhin: Die Reparatur der Klingelanlage werde nach Rücksprache mit dem Elektriker nächste Woche durchgeführt.
Die Geduld der Mieter mit dem Fahrstuhl wird weiter strapaziert. Die Treppen zu nehmen, sagt Monika Ripke, die im obersten Stockwerk wohnt, sarkastisch, „ist unser Trainingsprogramm für den Urlaub“. Doch den Koffer durchs ganze Treppenhaus schleppen zu müssen, will sie sich nicht vorstellen. (mz)