1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Anhaltisches Theater: Anhaltisches Theater: Stück über Comedian Harmonists feiert Premiere

Anhaltisches Theater Anhaltisches Theater: Stück über Comedian Harmonists feiert Premiere

Von Ute König 05.10.2015, 18:23
David Ameln, Christian Most, Patrick Wudtke, Jan-Pieter Fuhr, Stephan Biener sind die Dessauer „Comedian Harmonists“.
David Ameln, Christian Most, Patrick Wudtke, Jan-Pieter Fuhr, Stephan Biener sind die Dessauer „Comedian Harmonists“. Claudia Heysel Lizenz

Dessau - Es war keine leichte Entscheidung für den Wurm im Ohr. „Veronika der Lenz ist da“? „Ein kleiner grüne Kaktus“? Oder doch „Wochenend und Sonnenschein“? Am Samstagabend feierten „Die Comedian Harmonists“ Premiere im Großen Haus des Anhaltischen Theaters. Ein sehr unterhaltsamer Abend, mit humorvollen und auch ernsten Momenten - und vielen unvergesslichen Hits der ersten Boygroup Deutschlands.

Spannende, historische Fakten

Grundlage für die Inszenierung ist Gottfried Greiffenhagens Buch. Erzählt wird vom Aufstieg, dem Erfolg und schließlich dem tragischen Fall der „Comedian Harmonists“, nachdem die Nationalsozialisten ihnen Auftrittsverbot erteilten. Keine Liebesschnulze wie im bekannten Film, stattdessen viele historische Fakten. Die liefern ausreichend Stoff für eine spannende Geschichte, wie Regisseur Peter Wallgramm vorab betonte. Am Samstag zeigte sich: er hat recht.

Wallgram lässt in seiner Inszenierung vor dem Vorhang spielen und schafft dadurch eine vielleicht ungewohnte, aber doch angenehme Nähe zwischen Schauspielern und Publikum, das an einigen Stellen sich selbst spielen darf. Dass die Musik im Vordergrund steht, liegt nahe. Dennoch hat der Regisseur aus dem Stück genau das gemacht, was es ist: ein Schauspiel mit Musik. Die Schauspielszenen sind nicht einfach Schmuck für zwischendurch. Ganz im Gegenteil.

Manche kleine Schwäche

Die gemischte Besetzung der sechsköpfigen Truppe macht’s möglich - auch wenn sie so manch kleine Schwäche mit sich brachte. Schauspielerisch stach Patrick Wudtke (Harry Fommermann) hervor, gesanglich konnte der Schauspieler allerdings nicht immer mit seinen Kollegen mithalten. Das Gegenstück zeigte Stephan Biener. Als Bass passte er sich wunderbar in das fünfköpfige Vokalensemble ein, beim Sprechtext allerdings war der Opernchor-Sänger teils nur schwer zu verstehen. Opernsänger David Ameln (Ari Leschnikoff), und Opernchor-Sänger Christian Most (Roman Cycowski) zeigten ihre Stärken in beiden Bereichen. Doch auch bei Marius Zachmann war eindeutig, dass das Schauspiel-Fach nicht das seine ist. Dafür sitzt mit ihm ein Profi am Klavier, der in seiner Rolle als Erwin Bootz nicht nur spielte, dass die musikalische Leitung in seinen Händen liegt, Zachmann hat sie tatsächlich für das gesamte Stück.

Trotz dieser kleinen Schwächen waren die Dessauer „Comedian Harmonists“ insgesamt ein stimmiges und vor allem sehr unterhaltsames Ensemble, dem man mit Freude zuhörte. Schließlich ist auch eines zu bedenken: Die echten „Comedian Harmonists“ probten ein ganzes Jahr bis zum ersten Auftritt. Die Dessauer Männer hatten dafür nur ein Bruchteil der Zeit.

Und man schaute auch gerne hin. Zum einen wegen des schlichten aber historisch passenden Bühnenbilds und der Kostüme von Markus Pysall. Zum anderen wegen des Hüftschwungs der Herren. Denn ganz boygroup-like gab’s zur „Schönen Isabella“, dem „Kaktus“ oder „Veronika“ Choreografien von Joe Monaghan, die teils schlüpfrige Zweideutigkeit mancher Lieder der ach so seriös wirkenden Herren im Frack amüsant illustrierten. Nicht vergessen werden darf auch Dirk S. Greis, der in zahlreichen kleinen Zwischenrollen, vom Musikagenten Bruno Levy über einen Nazi bis zum Conférencier, seine Wandlungsfähigkeit bewies, und mit dem einmal mehr der Schauspielcharakter des Stücks hervorgehoben wird.

Publikum fordert vier Zugaben

Am Ende gab es begeisterten Applaus, der beim Auftritt der echten „Comedian Harmonists“ am 19. März 1931 im Dessauer „Kristallpalast“ ähnlich gewesen sein dürfte. Einfach so durften die neuen am Ende die Bühne deshalb auch nicht verlassen. Vier Zugaben gab es. Und auf dem Weg zum Ausgang summte es noch den „letzten Abschiedskuss“ und pfiff es da schon wieder „Die Schöne Isabella“. (mz)