Anhaltisches Theater Anhaltisches Theater Dessau: Operette mit Ohrwurm-Potenzial

Dessau - Die wenigsten dürften sie kennen. Aber wer die Melodien von Eduard Künnekes „Lady Hamilton“ einmal hört, der darf sich für den Rest des Tages mindestens eines Ohrwurms sicher sein. „Der Künneke war halt einfach gut“, bringt es Johannes Weigand auf den Punkt. Der Generalintendant des Anhaltischen Theaters inszeniert die Operette über den Star des 18. Jahrhunderts auf der Großen Bühne des Anhaltischen Theaters. Am Freitag, 27. Januar, um 19.30 Uhr ist Premiere.
„Die Musik ist total unspießig“, sagt Johannes Weigand. Mit der Operette aus den 1920er Jahren wagte Eduard Künneke bereits einen Schritt ins Amerikanische. Eine Mischung aus Singspiel und Revue-Operette erwartet die Zuschauer. Auf der Bühne gibt es auch mal Gesellschaftstänze von damals. Und im Orchestergraben sitzt mehr eine Big-Band als ein typisches Orchester.
Kein Kostümschinken
Entsprechend unspießig ist auch die Optik der Produktion. Sie bezieht sich auf die Lebzeit der Lady um 1800. „Ein Kostümschinken wird es aber nicht“, so Weigand. Es wird nicht imitiert. Und wer sich mit dem Leben der echten Lady Hamilton beschäftigt hat, wird merken, dass auch Künneke das Leben der Emma Hart - gespielt wird sie von Cornelia Marshall - nicht eins zu eins „veroperettet“ hat. Vieles aus der Biografie ist übernommen, einiges ist hinzugedichtet. Und manches wurde auch weggelassen.
Die „Attitüden“ beispielsweise tauchen im Libretto nicht auf. Dabei waren diese Darstellungen antiker Statuen und Gemälde als lebende Bilder mit ein Grund, weshalb Lady Hamilton europaweit zum Star geworden war. Und weshalb man sie vielleicht auch heute noch kennt. Erst vergangenes Jahr war den Attitüden eine Ausstellung im Wörlitzer Schloss gewidmet. Jetzt kommen sie zurück nach Dessau. Zumindest fast. Weigand baut sie in seine Inszenierung ein.
Forschereinblicke notwendig
An anderer Stelle machte die Geschichte aber sogar wissenschaftlichen Rat notwendig. Von Sabine Müller aus Köln, die derzeit über das Leben und Werk des Komponisten promoviert. „Eine echte Künnekologin“, scherzt Weigand. Eine Fachfrau wie sie sei jedoch ernsthaft Gold wert. „Über einen Verdi wurde viel geschrieben, aber über einen heute eher unbekannten Komponisten wie Eduard Künneke eben nicht“, erklärt Operndirektor Felix Losert. Und für „Lady Hamilton“ war ein musikgeschichtlicher Durchblick sehr von Nutzen.
Bereits Anfang 1925 begann Künneke an „Lady Hamilton“ zu arbeiten, musste aber wegen anderer Aufträge unterbrechen. Am 25. September 1926 wurde die Operette dann im Schauspielhaus Breslau uraufgeführt. Was damals erklang, wird das Dessauer Publikum so nicht zu Ohren bekommen. Das Orchestermaterial ging im Krieg verloren. Aus den Klavierauszügen alter Versionen und Rekonstruktionen wurde 2004 in Köln eine neue rekonstruiert. Die erklingt auch in Dessau. Allerdings greift der Generalintendant wieder auf den Schluss der Uraufführung zurück.
Nachdem Johannes Weigand in der vergangenen Spielzeit mit dem Musical „Sugar“ sein erfolgreiches Debüt in Dessau gab, wendet er sich mit „Lady Hamilton“ nun wieder dem leichteren Stoff zu. Ohne Bedenken. „Ich mag Operette“, betont er. Und leichter Stoff ist schließlich nicht gleich schlechter Stoff. Mit „Sugar“ hat er den Geschmack des Publikums getroffen. Und im Theater ist man sicher, dass auch „Lady Hamilton“ begeistern kann. „Es schmeckt nicht nach dem, was man kennt“, sagt Felix Losert. „Aber es schmeckt!“ (mz)