Anders als gedacht Anders als gedacht: Jugendhilfe-Träger lehnt neuen Kindergarten in Roßlau ab

Roßlau - Entkernungsarbeiten laufen im Haus Waldstraße 15. Im Haus, das der Bauunternehmer Mario Eilfeld im Februar 2019 von der Stadt gekauft hat, geht es voran. Aber nicht so, wie es der Investor gerne gewollt hätte. Das ehemalige Pflegeheim und später als Asylbewerberunterkunft genutzte Haus, wird wohl doch kein Haus für mehrere Generationen. Jedenfalls nicht so, wie geplant - und auch vom Ortschaftsrat erhofft.
Grundsätzlich, erklärt Eilfeld, reiche er jetzt den Bauantrag für 32 alters- und behindertengerechte Wohnungen ein. In der zweiten, dritten, vierten und fünften Etage des Gebäudeensembles werden je acht Wohnungen zwischen 60 und 90 Quadratmeter Größe entstehen. Im März/April nächsten Jahres soll alles in die Vermietung gehen.
Doch sein Vorhaben, im Anbau des Hauses einen Kindergarten unterzubringen, ist Anfang September geplatzt. Auch ein Mutter-Kind-Projekt war geplant. „Ich war wirklich sicher, dass das kommt“, sagt er enttäuscht, denn es habe an die 20 Gespräche mit Betreibern nebst Verantwortlichen der Stadtverwaltung gegeben. „Da waren alle begeistert.“
Geplant war eine Kita mit 50 Plätzen - je zur Hälfte in der Krippe und im Kindergarten
Enttäuscht ist auch Corinna Reinecke von der Arbeiterwohlfahrt in Wittenberg. „Wir ziehen uns aber nicht in die Schmollecke zurück“, sagt sie. Die Awo, die früher den Jugendclub „Blitzableiter“ in ihrer Regie hatte, ist heute mit kleineren Maßnahmen zur Hilfe zur Erziehung und Schulsozialarbeit in Roßlau aktiv. „Ausgehend von unserer Wahrnehmung sehen wir Bedarfe in Roßlau“, sagt Reinecke. „Wir könnten uns mehr vorstellen.“
Sie bestätigt, dass die Awo ein so genanntes Interessenbekundungsverfahren für einen Gesundheits- und Kneipp-Kindergarten beim örtlichen Träger der Jugendhilfe eingereicht hatte. Es handele sich dabei um ein besonderes Konzept, was sich von anderen Angeboten in der Stadt abhebe. Geplant war die Kita mit 50 Plätzen - je zur Hälfte in der Krippe und im Kindergarten.
Ermuntert wurde die Awo dazu nicht zuletzt auch von Ortsbürgermeisterin Christa Müller und ihrer Stellvertreterin Silvia Gernoth. Im Juni, nach Gesprächen mit Sozialdezernent Jens Krause und Sozialamtsleiterin Heike Paesold, teilten sie schriftlich mit: „Herr Krause war sehr aufgeschlossen ... Wir würden uns sehr freuen, wenn wir gemeinsam eine Kita der Awo im Haus der Generationen in der Waldstraße 15 eröffnen könnten“.
Die Stadtverwaltung sieht in Roßlau den Bedarf für eine neue Kita nicht
„Doch leider“, sagt Reinecke, „wurde mir der Zahn gezogen.“ Die Stadtverwaltung sieht in Roßlau den Bedarf nicht. Pressesprecher Carsten Sauer bestätigt das auf MZ-Nachfrage. Er verweist auf einen Stadtratsbeschluss vom Dezember 2018 zur Fortschreibung der Bedarfsfeststellung für die Kindertagesbetreuung in der Stadt für die nächsten Jahre. Zwar bejaht Sauer einen Anstieg von Kinderzahlen in der Stadt. Der Bedarf „fokussiert sich aber nicht auf den Ortsteil Roßlau, so dass folgerichtig der festgestellte (Fehl-)Bedarf mit dem Bau einer Kita in der Raguhner Straße befriedigt wird“.
Eilfeld ärgert das. In Meinsdorf würden die Kita-Plätze nicht reichen, sagt er. Am Pharmastandort in Tornau wird investiert, „viele Dessauer arbeiten dort oder im Hydrierwerk“. Da er Häuser ausbaut, weiß er, dass viele Familien mit Kindern nach Roßlau ziehen. Für ihn ist der Bedarf da.
„Man sollte“, sagt auch Reinecke, „den Stadtteil Roßlau im Blick haben.“ Die Awo sei gerne bereit zu kooperieren. „Aber ohne örtlichen Träger der Jugendhilfe geht es nicht.“
Nicht nur das geplatzte Kindergarten-Vorhaben ärgert den Bauunternehmer
Doch nicht nur das geplatzte Kindergarten-Vorhaben ärgert den Bauunternehmer. Genau so findet er es unverständlich, dass die Hortkinder der gegenüberliegenden Schule „mehrmals am Tag wandern“ sollen in den Hort Fliederweg, den die Stadt millionenschwer saniert. Der Hort könnte auch gut und gerne im Objekt Waldstraße 15 Platz finden. „Hier wird zum Nachteil der Kinder entschieden“, wirft der 55-Jährige den Verantwortlichen vor.
Das Hortprojekt im Fliederweg ist auch im Ortschaftsrat umstritten. Zwar hatte der Ortschaftsrat im Dezember 2018 zähneknirschend den Umbauplänen der Stadt zugestimmt, doch sagte Sylvia Gernoth damals: „Wären unsere Hinweise für die Nutzung des leeren Altenheims aufgenommen worden, hätten die Kinder aus der Schule nur über die Straße und nicht durch die ganze Stadt gehen müssen.“
Eilfeld muss umplanen. Trotzig sagt er: „Ich kriege das hin.“ (mz)