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Absicherung von Demonstrationen Absicherung von Demonstrationen: Dessau-Roßlaus Polizei klagt über hohe Belastung

Von Annette Gens 28.10.2015, 21:08
Arbeitstreffen in Dessau. Ministerpräsident Haseloff und Innenminister Stahlknecht lassen sich die Situation im Dessau-Roßlauer Polizeirevier von Revierleiter Jörg Schwabe (re.) erörtern.
Arbeitstreffen in Dessau. Ministerpräsident Haseloff und Innenminister Stahlknecht lassen sich die Situation im Dessau-Roßlauer Polizeirevier von Revierleiter Jörg Schwabe (re.) erörtern. Sebastian Lizenz

Dessau - Am Dienstag protestierten 80 Dessau-Roßlauer an der Roßlauer Waldstraße gegen 245 Teilnehmer eines rechtes Marsches, die gegen eine geplante Eröffnung eines Flüchtlingsheimes in Roßlau hetzten. Am Donnerstag ruft die Alternative für Deutschland (AfD) zum Marsch durch Dessaus Innenstadt, nachdem Vorsitzende Frauke Petry eine Rede hält. Am Freitag ist es erneut die AfD, die eine Mahnwache an der Friedensglocke plant. Am Freitag spielt außerdem das Landespolizeimusikorchester auf dem Marktplatz auf. Es ist Kürbisfest mitten in Dessaus Innenstadt. Die Händler hoffen auf viele Gäste und zählen natürlich in punkto Sicherheit auf die Polizei.

Von Demo zu Demo

So und so ähnlich läuft das inzwischen Woche für Woche: Dessau-Roßlaus Polizei ist seit mehreren Wochen mit der Absicherung von Veranstaltungen, Demonstrationen und Protesten stark gefordert. Die Lage ist beherrschbar, die personelle Situation ist angespannt, verdeutlichte am Mittwoch Jörg Schwabe, Leiter des Dessau-Roßlauer Polizeireviers, während eines Arbeitsbesuchs der Landesregierung. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff wollte sich insbesondere versichern, dass in seinem Wahlkreis in Roßlau die Polizei „rund um die Uhr mit einem Streifenwagen präsent“ ist. „Die Demonstrationslage legt uns viele Steine in den Weg, die die normale Arbeit nicht mehr möglich machen“, räumte Schwabe ein. Andererseits versicherte er: An der Grundversorgung wird das Polizeirevier nicht rütteln. In der Stadt stünden permanent drei Funkstreifenwagen zur Verfügung, einer davon für Roßlau. Die Reaktionszeiten für Einsätze lägen in der Stadt unter den geforderten Normen.

Innenminister Holger Stahlknecht weiß indes, eine kurzfristige personelle Aufstockung der Polizei, auch in der kreisfreien Stadt Dessau-Roßlau, ist aus eigener Kraft nicht zu stemmen. Die letzte Polizeistrukturreform brachte aus heutiger Sicht nicht nur positive Ergebnisse. Zwar war die Einführung der Regionalbereichsbeamten 2013 in den Stadtkreis eine Erfolgsgeschichte, denn „sie sind längst vertraute Ansprechpartner für Bürger geworden“ (Schwabe). Doch waren sich die Teilnehmer am Arbeitsgespräch einig, dass das durch die Reform abgebaute Personal nach heutiger Ereignislage wieder benötigt wird. Noch bis 2016 soll ein Abbau um 800 auf 6.000 Stellen erfolgen. Stahlknecht sprach am Mittwoch aber von 7.000 Polizeibediensteten, die im Land gebraucht würden.

2.000 Arbeitsstunden bei Demonstrationen

Die rund 150 Bediensteten des Polizeireviers Dessau-Roßlau absolvierten in diesem Jahr bei 36 Demonstrationen in der Stadt nahezu 2.000 Arbeitsstunden. Zur Absicherung überregionaler Einsätze wie Fußballspielen, Sachsen-Anhalt-Tag in Köthen, Demonstrationen in Magdeburg oder in der Altmark fielen im Revier weitere 1.000 Arbeitsstunden an. Ebenso viele Stunden wurden in Einsätze zur Asylthematik investiert, erinnerte Dessau-Roßlaus Revierleiter u.a. an vier NPD-Demonstrationen in Roßlau oder an den Tag, als Flüchtlinge im Zug nach Berlin in Höhe Meinsdorf plötzlich die Notbremse gezogen hatten.

„Wir sind bemüht, auflaufende Überstunden möglichst schnell abzubauen“, erklärte Schwabe, dass deshalb derzeit zum Beispiel auf reguläre Schießübungen und Schulungstage verzichtet werde.

Sachsen-Anhalts Polizei hatte sich in ihrer Größe früher an demografischen Daten orientiert. Die Rechnung geht angesichts des Flüchtlingszustroms nicht mehr auf. Ob Zeitsoldaten die Polizei personell stärken könnten? Die Arbeitsrunde in der Polizeidirektion Ost war sich einig, dass der Bund nach Lösungen mitsuchen muss. (mz)