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Abschied nach vierzig Jahren Abschied nach vierzig Jahren: Gedichte und Lieder für «Tante Höppi»

03.09.2002, 15:49

Roßlau/MZ. - Gudrun Höpfner muss sich jeden Tag um einen guten Meter kleiner machen als sie ist. Bei einer Größe von 1,75 Meter sei das mitunter sehr beschwerlich, sagt sie und beugt sich demonstrativ vornüber, die flache Hand knapp über den Boden haltend: So hoch sind die Tischchen, an denen jene sitzen, um die sich die Erzieherin seit nunmehr vierzig Jahren kümmert. Deren Alter? Zwischen 0 und drei Jahren.

Die Kinder - sie gelten als unbestechliche, mithin gnadenlose Personalprüfer - fühlen sich wohl bei Gudrun Höpfner und lassen sich gerne zu ihr in die Roßlauer Tageseinrichtung "Fuchs und Elster" bringen. Das jedoch wird bald nicht mehr möglich sein. Im Oktober feiert sie ihren 60. Geburtstag. "Es fällt mir sehr schwer", beteuert sie, "aber ich werde dann auf jeden Fall in den Ruhestand gehen."

Lang war die Schlange der Gratulanten, vorneweg brachte Bürgermeister Klemens Koschig Glückwünsche zum Jubiläum und hintan die Kinder, die für diesen Tag gebastelt, gedichtet und Lieder einstudiert hatten. Alles für "Tante Höppi", wie sie genannt wird, von den Kleinsten, den Eltern, den Kollegen und selbst der Friseuse.

"Sie hat einfach eine liebevolle und mütterliche Art", sagt Sylvia Treumann als Leiterin der Einrichtung - und als ehemalige Lernende unter Gudrun Höpfner. "Sie findet gleich den Draht zu den Kindern, ist nicht die kühle Autorität." Es sind vor allem die Jüngsten, die es "Tante Höppi" angetan haben. "Wahrscheinlich weil sie noch so viel Hilfe und Fürsorge brauchen", erklärt sie selbst und etwas kuscheliger als die Älteren seien sie außerdem.

Säuglingsschwester wollte sie ursprünglich werden. Damals, vor über vierzig Jahren, warb der Staat jedoch für eine ganz neue Ausbildung, die zur Krippenpflegerin. "Das war was für mich", wusste sie sofort, auch weil sie sich so einen unliebsamen Aufenthalt im Internat ersparen würde. Nach der Wende bildete sie sich als Erzieherin weiter.

Natürlich habe sich vieles im Laufe der Zeit verändert, nicht nur dass sie die Kinder als viel selbstbewusster und ungehemmter erlebe. "Die würden vor dem Kaiser von China keine Angst haben." Andererseits ließen die Tischsitten gelgentlich zu wünschen übrig, selbst so mancher Dreijährige brauche noch ein Lätzchen. Von der Aufbewahrungsanstalt von anno dazumal sei glücklicherweise nichts mehr übrig geblieben: Über 700 000 Euro sind in den vergangenen Jahren in die Einrichtung geflossen, die inzwischen eine perfekte Zwergen-Infrastruktur beherbergt - vom Niederflurbettchen bis zur abgesenkten Toilette.

Was sich in dem Haus weiterhin tut, will Gudrun Höpfner auch nach ihrem letzten Arbeitstag wissen. "Ich werde auf jeden Fall oft vorbeischauen." Ansonsten würde sie gerne mit ihrem Mann auf Reisen gehen und sich mehr um ihren zweijährigen Enkel kümmern. Will sie mit ihm auf Augenhöhe kommunizieren, bedarf es einer Verbeugung, die sie an ihre Zeit in der Krippe erinnern dürfte.