Würdigung eines engagierten Lebens
Zörbig/MZ. - Doch dieses Bild beider Persönlichkeiten sei nicht vollständig, es erkläre auch kaum, warum beide Männer bis zu ihrem Tode öfter zusammentrafen und im regen Briefkontakt standen. Das betonte Hans-Werner Trummel, einer der Ideengeber des Orgelzentrums Mitteldeutschland am Mittwochabend in der Zörbiger St. Mauritius Kirche.
Dorthin hatte das Zentrum gemeinsam mit Stadt, Landkreis, evangelischer Pfarrgemeinde und Albert-Schweitzer-Gedenkstätte Weimar zur Albert-Schweitzer-Ehrung eingeladen. Es war die erste ihrer Art, es soll nicht die letzte gewesen sein - auch wenn die Veranstaltung deutlich mehr Besucher vertragen hätte, so die Organisatoren.
Zwei auf den ersten Blick so verschiedene Menschen wie Rühlmann und Schweitzer hat der Zufall zusammengeführt. Sie trafen sich 1927 erstmals in Halle und Magdeburg, am 25. November 1928 gab Schweitzer auf der größten je gebauten Rühlmann-Orgel in der Halleschen Stadtkirche eines jener Konzerte, mit denen er für die Unterstützung Lambarenes warb.
Der Kontakt zwischen Schweitzer und Rühlmann riss danach nicht mehr ab. Albert Schweitzer sei zeitlebens unbequem gewesen, erinnerte Hans-Werner Trummel. Unbequem vor allen Dingen deshalb, weil er auch dort Verantwortung übernahm, wo er nicht aufgefordert wurde. Gerade das sei einer der wesentlichen Züge der Persönlichkeit Schweitzers, die man sich zu Eigen machen könne. So, wie es zum Beispiel ein paar Idealisten in der Radegaster Straße von Zörbig getan hätten, wo sie in die alte Rühlmannsche Orgelbauanstalt noch mehr als 60 Jahren wieder Leben bringen wollen.
Die Orgel wurde auch am Mittwoch zum bestimmenden Element. Ihr Klang beeindruckte die Zuhörer, Ekaterina Leontjewa und Matthias Visarius bereiteten mit ihrem Spiel aber auch den Boden für die gesamte Schweitzer-Ehrung. Sie spielten ausschließlich Stücke, von denen bekannt ist, dass sie Albert Schweitzer sehr viel bedeuteten: Auf der Orgel erklangen Werke von Bach, Franck und Bartholdy.
Schweitzer war vielseitig, bekräftigte wenig später Ludwig Andersch. Der in Solingen beheimatete Autor wird in Kürze ein Lese- und Arbeitsbuch über Albert Schweitzer herausgeben.
"Bruder Mensch" heißt es und zeigt Schweitzer in allen Facetten: als Theologen, Organisten, Mediziner. Schweitzer schrieb Abhandlungen zum christlichen Glauben, widmete Bach ein 800-Seiten-Standardwerk und entschloss sich, ab dem 30. Lebensjahr den "Weg des unmittelbaren Dienens" zu gehen. Er studierte Medizin, half Menschen in Äquatorialafrika. Er stieß an, rüttelte auf, brachte sich ein für Menschen - gefragt oder nicht gefragt.