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Veränderungen durch Bergbau Veränderungen durch Bergbau rund um Bitterfeld: Wo sind Lober, Leine, Strengbach und gibt es sie noch?

Von Christine Färber 03.07.2019, 12:44
Gerhard Zeder steht am Überlaufbecken der ehemaligen „Arche“. Das Foto zeigt, wie es dort früher ausgesehen hat.
Gerhard Zeder steht am Überlaufbecken der ehemaligen „Arche“. Das Foto zeigt, wie es dort früher ausgesehen hat. André Kehrer

Bitterfeld - Ist das der Lober? Die Leine? Der Strengbach? Oder doch noch was ganz anderes? Mit welchem Wasser haben wir es in Bitterfeld zu tun? Wo fließt was? Und warum? Gerhard Zeder, ehemaliger Bergmann und das auch als Senior noch mit ganzer Seele, bringt Licht ins Dunkel. Und es ist erstaunlich, was es alles zu entdecken gibt - die große Arche zum Beispiel oder den Johanneslober.

In Bitterfeld gibt es einen Bach mit dem Namen ,Leine’ nicht mehr?

Anlass der Nachfrage bei Gerhard Zeder war die MZ-Bild-Nachricht mit der Überschrift „Neue Brücke über die Leine entsteht“ (Ausgabe vom 4. Juni 2019). Die rief unter anderem Erhard Böttcher aus Holzweißig auf den Plan. „In Bitterfeld gibt es einen Bach mit dem Namen ,Leine’ nicht mehr“, so Böttcher.

Ganz Recht hat der Holzweißiger damit nicht, sagt Zeder. Denn die Leine, die ursprünglich aus Richtung Niemegk kam und wegen des Aufschlusses von Baufeld I der Grube Goitsche - wie auch andere Flüsschen in der Region - verlegt wurde, fließt heute nördlich an Bitterfeld vorbei, kreuzt die Mühlstraße und fließt dann weiter in Richtung Mulde. „Die Leine existiert heute in Bitterfeld nur noch zwischen der Gartenanlage ,Kühler Grund’ und Mulde“, erklärt Zeder, der sich mit dem Thema Wasser und Bergbau jahrelang beschäftigt hat.

Auf dem Weg zur Mulde, weiß der Chef des Kreismuseums, Uwe Holz, hat das Flüsschen hinter der Stadt auf einer kurzen Strecke die Bezeichnung Johanneslober. „Das hat nichts mit dem Lober zu tun. Sondern mit einem Mordfall“, erklärt er. Hier nämlich kam in grauen Vorzeiten Johannes Lober zu Tode, wie alte Dokumente berichten.

Das „Who is Who“ der Flüsschen, hat zu tun mit dem Bergbau in der Region

Das scheinbare Wirrwarr, das „Who is Who“ der Flüsschen, hat zu tun mit dem Bergbau in der Region. 1909, mit dem Aufschluss der Grube Leopold bei Holzweißig ging alles los. Zunächst musste der Strengbach nach Westen bis an die Bahnstrecke verlegt werden. Sein Wasser floss - wie auch vor der Verlegung schon - in den Lober. Der kam aus Richtung Paupitzsch, trieb die Zöckeritzer Wassermühle an und floss durch die noch unberührte Goitzsche der Lobermühle in Bitterfeld zu.

Der Bergbau fraß sich weiter ins Land, er brauchte Platz, die Flüsschen waren wieder im Weg. Vor allem der Strengbach. Mit dem Aufschluss des zweiten Tagebaus der Grube Leopold musste er wieder in ein neues Bett. Nur war jetzt wegen der besonderen geografischen Verhältnisse eine Einleitung in den Lober nicht möglich. Das hieß: Alles neu gestalten. Und man setzte eine kühne Idee um: Der Lober wurde in einer steinernen Trog-Brücke, der Großen Arche, über den von Hause aus tiefer liegenden Strengbach geführt.

Ohne diesen tollen technischen Trick wäre der Lober in den Strengbach geflossen, sein Bett wäre ausgetrocknet, die Lobermühle hätte still stehen müssen. Die Kreuzung beider Flüsschen ist die Große Arche, die sich in der Nähe des heutigen Unternehmens Abasys befindet. „Von dem Wasserkunst-Bauwerk sind heute noch Rudimente zu sehen“, weiß Gerhard Zeder.

Lober und Leine störten beim Aufschluss des Tagesbaus Goitsche 1949

„Zur Schaffung der Vorflut für den verlegten Strengbach wurde dann der Leine-Graben, der auch Alter Graben genannt wurde, von der Großen Arche bis zur Leine ausgebaut“, erklärt der Bergmann. „Damit die Leine die erhöhten Teufwassermengen aus dem Bergbau aufnehmen konnte, wurde ihr Flussbett bis zur Mulde erweitert.“ Drei Bücken mussten wegen des Leinegrabenausbaus errichtet werden: in der Saar-, der Altschloss und der Niemegker Straße.

Damit aber hatten Lober und Leine noch längst nicht ihren Frieden gefunden. Denn beim Aufschluss des Tagesbaus Goitsche 1949 störten sie. Sie mussten aus dem Abbaugebiet raus und wurden also abermals verlegt. Man baute den Lober-Leine-Kanal. Der führte das Wasser - aus Richtung Benndorf kommend über Sausedlitz zur Mulde.

Mit dem Aufschluss des Baufeldes Niemegk des Tagebaus Goitsche verschwand 1978 schließlich auch der Rest der Leine bis zur Einbindung des Strengbachs an der heutigen Kleingartenanlage „Kühler Grund“ am Auslaufbauwerk des Goitzsche-Sees.

Der Strengbach kommt heute von Holzweißig

Der Strengbach indes kommt heute von Holzweißig, fließt entlang der Bahnstrecke vorbei an der einstigen Brikettfabrik, weiter unterhalb des Bitterfelder Bergs und mündet in Höhe des ehemaligen Schützenheims in Bitterfeld in die Leine.

Der Weg des Lobers führt parallel zum Ratswall, unter dem Halleschen Tor hindurch und mündet von dort aus in den restlichen Teil der Leine vor der Leinebrücke in der Friedensstraße. (mz)