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Trabant deluxe Trabant deluxe: Auch heute noch mit 85 Sachen über die Autobahn

Von Sylvia Czajka 07.11.2017, 14:51
Robert Jünger steht auf Champagnerbeige und seinen Trabi.
Robert Jünger steht auf Champagnerbeige und seinen Trabi. André Kehrer

Bitterfeld - Die Saison hat ausgetuckert. Der 601 s deluxe hält auf dem Garagenteppich Winterschlaf. Nur noch mal kurz Dampf ablassen, der Auspuff röhrt und die Sonne sehen, dann schließt das Tor hinter Robert Jüngers champagnerbeigem Trabant.

Bei Robert Jünger ist Ordnung Programm

Der Typ ist genau sein Fall und zum 60. Geburtstag gab’s polierte Pappe. Alles Handarbeit, versteht sich. Bei Robert Jünger ist Ordnung Programm genau wie Detailtreue, Sauberkeit, Originalität.

Der 34-Jährige ist korrekt, lässt keine Kopie zu. Nur Originalteile aus der Zeit. Die bedeutet wahre Nostalgie. Genau wie Karlchen der Mutige II. So hat Robert Jünger seinen Trabi getauft. Die Nummer eins gibt es nicht mehr. Hinter dessen Lenkrad saß einst sein Vater.

Der fand den Namen passend zum einstigen Bitterfelder DDR-Autokennzeichen KDM - eben (K)arlchen (D)er (M)utige. Damals nahm Robert auf der hinteren Sitzbank Platz. Ein Ort, der ihm gefiel, an dem er sich wohl fühlte, erinnert er sich. Hier aß er als Kind die Kanten von warmem Brot und genoss die Fahrt mit Karlchen.

Das Elixier aus Öl und Benzin mischt er selbst

Seit 2010 heizt der Bitterfelder selber seinem Trabi ein. Das Elixier von Öl und Benzin, das beide voranbringt, mischt er selbst. „Jeder hat da so sein Rezept“, sagt er. Seinen Trabi fand Robert Jünger nicht im Osten - wie jeder annahm -, sondern im Westen: in Celle.

Die Heimfahrt nach Bitterfeld war ein „wahres Abenteuer“ , betont Jünger. Speziell die Gangschaltung. Mit der Gebrauchsanweisung auf dem Beifahrersitz startete er durch. Maximalgeschwindigkeit auf der Autobahn 85 Kilometer pro Stunde. Alles ging irgendwie langsamer. „Die Entschleunigung gefiel mir. Weitweg war der Stress des Alltags.“ Das Gefühl hat Robert Jünger heute noch. Und er teilt es mit den Mitgliedern der Oldtimergemeinschaft Wolfen - möchte es nicht mehr missen.

Er verbindet mit „Karlchen“ die Geborgenheit aus seinen Kindheitstagen, aber auch ein Stückchen Jugend. Der Bitterfelder ist fasziniert von der Geschichte, vom Praktischen, vom Schlichten. Und der Trabi wurde Kult. Für einen Apfel und ein Ei ist keiner der DDR-Legenden mehr zu haben. „Gut so“, meint Jünger.

Robert Jünger investiert viel Geld und Zeit in seinen Fuhrpark

Der hat selbst viel Geld und Zeit in seinem kleinen Fuhrpark investiert. Keine Stunde in der Garage hat er aber je bereut. Neben Trabi Karlchen hütet er noch einen himmelblauen Wartburg, Simson-Mopeds, einen Wohnwagen Queck junior und seit neuestem schlägt sein Herz für historische Zweiräder, die ihn schon bis nach Dresden und Berlin brachten.

Robert Jünger jedenfalls gewährt auch den Fahrrädern eine Saisonpause. Denn es hat sich nicht nur ausgetuckert, sondern auch ausgestrampelt. (mz)

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André Kehrer