Tag des offenen Denkmals in Wolfen Tag des offenen Denkmals in Wolfen: Die Post ist da!

Wenn die Post am Sonntag kommt, ist alles anders als sonst. „Ist es auch. Wir feiern 100 Jahre Postamt in Wolfen“, bestätigte Claudia Simon. Sie ist Vorsitzende des Kultur- und Heimatvereins, der mit dem Briefmarkenverein, dem Stadtarchiv und der evangelischen Kirche den Festtag vorbereitet hatte.
100 Jahre Postamt können in Wolfen genau genommen erst am 1. November gefeiert werden. An jenem Tag wurde 1915 das Amt in der Poststraße in Dienst gestellt. „Aber wir wollten uns einbringen in den Tag des offenen Denkmals“, sagte Claudia Simon. Dessen Motto „Handwerk, Technik, Industrie“ hätte so gut zur Geschichte der Wolfener Post gepasst. „Dass die Post hier so einen Aufschwung nahm, hat nur mit der Industrialisierung zu tun“, ist die Heimatfreundin überzeugt.
Wolfen lag zwar seit Jahrhunderten an einer der wichtigsten Verkehrsrouten. Hier machte Goethe Halt, als die Kutschen-Pferde getauscht werden mussten. Als Straßendorf kam Wolfen aber lange nicht über den Status einer Poststation hinaus. Der Gutsbesitzer Friedrich Traugott Kluge eröffnete diese 1809 in seinem Haus. Dass er im königlich-preußischen Postwärteramt das Sagen hatte, können die Briefmarkensammler belegen. Vereinsvorsitzender Rolf Haspel macht auf einen Brief aufmerksam.
Marken fehlen darauf. Allerdings bestätigte Kluge 1842 dem Postboten Berkner mit Unterschrift und Siegel, den Brief ordnungsgemäß überstellt zu haben. Post hatte einen Namen. An Kluge erinnert ein im Eingangsbereich der Johanniskirche eingelassener Grabstein. Der Postmann war 1853 gestorben.
Transport- und Reisemittel
Postkutschen waren zu Kluges Zeit ein beliebtes Transport- und Reisemittel. Nicht schnell, dafür mit reichlich Personen an Bord, ging es im Berline Coupé voran. Siegfried Händler, Kremser und Kutschenfan aus Bad Düben, hat die Berline nachbauen lassen. „Sie fährt. Ich nehme die Leute mit auf Tour“, erklärte der Sachse und rollte mit dem voll besetzten Wagen davon. Die Postkutsche vor der alten sächsischen Postmeilensäule sorgte für Laune bei Geschichtsfreunden, die auch im Gemeindesaal der evangelischen Kirche in die Historie eintauchen durften.
Als 1915 das heute noch existierende, allerdings nicht mehr für Postzwecke genutzte Amt übergeben wurde, war die Poststelle der Greppiner Werke Geschichte. Die Post wie die Industrie und Wolfen wuchsen. Zum Ende der DDR gab es Postämter in der Altstadt, in Krondorf, in Wolfen-Nord. Geblieben ist davon wenig. Das moderne Postamt von 1992 steht im Plattenbauquartier, eine kleine Filiale hat in der Altstadt überlebt.
Der Kreis schließt sich. Post folgt der Entwicklung von Industrie und Bevölkerung. „Das ist wirklich die Verbindung zum Motto des Denkmaltags“, sagt Claudia Simon und verweist auf die Postmeilensäule vor der Kirche. Das sächsische Original verschwand, als Wolfen 1815 zu Preußen kam. Mehr als 100 Jahre später wurde es auf dem Schulhof wieder aufgestellt. Das heute vor der Kirche zu bestaunende Exemplar ist eine Nachbildung. Am 7. Mai 1981 wurde es übergeben. Vier Stunden dauert die Fahrt nach Delitzsch, ist in Stein gemeißelt. Nach Bad Düben dürfte es nicht weniger Zeit sein. „Die Kutsche kommt auf den Lkw. Geht schneller“, sagt Siegfried Händler. Die Zeiten sind andere geworden.