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Streusalz schadet Natur Streusalz schadet Natur: Stirb langsam am Straßenrand in Anhalt-Bitterfeld

Von Sylvia Czajka und Lisa Garn 26.02.2013, 13:50
Thomas Eisel kann mit dem Bohrwiderstandsmessgerät den Gesundheitszustand des Baumes feststellen.
Thomas Eisel kann mit dem Bohrwiderstandsmessgerät den Gesundheitszustand des Baumes feststellen. André Kehrer Lizenz

Bitterfeld/Mühlbeck/MZ. - Der Winter regiert und die Straßen bedeckt Salz. Tausende Tonnen kommen jährlich in Deutschland zum Einsatz. Ein Teil davon im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Falko Heidecke von der BUND-Kreisgruppe Bitterfeld sieht das als „Riesen-Problem“. Streusalz verursache enorme Schäden. Vor allem an Autobahnen spräche die Situation der straßenbegleitenden Bäume für sich: „Dort kommen große Mengen an Streusalz auf die Straße. Und man merkt, dass die salzaffinen Pflanzen deutlich zunehmen, die anderen sterben in dem Bereich aus.“ In der näheren Region leiden die Bäume ebenso. „Man sieht die Schäden, wenn man im Kreis unterwegs ist.“ Heidecke fordert: Salz nur auf Hauptverkehrsstraßen anwenden, die Nebenstraßen mit Split oder Sand streuen. „Und Private, die Gehwege frei halten müssen, sollten ganz auf Salz verzichten. Splitten oder sanden reicht aus.“

Schwache Abwehrkräfte

Auch der Mühlbecker Thomas Eisel sorgt sich um die Bäume: Er ist seit 1995 Garten- und Landschaftsplaner, weiß, wie es um das Straßengrün bestellt ist. Das langsame Sterben am Straßenrand bemerke kaum jemand. „Längst sind nicht nur die Bäume betroffen, die unmittelbar an der Fahrbahn stehen, Experten haben festgestellt, dass sich noch in 30 Metern Abstand Salzkristalle befinden.“

Salzschäden werden nicht sofort, sondern meist in der nächsten Vegetation oder noch später sichtbar. Die Bäume treiben später aus, immer mehr Zweige bleiben ohne Blätter, der Baum kann vom Kronenrand absterben. Typisch sind Blätter, die am Rand braun werden oder gar ganz ausfallen. Das Salz kann zu Trockenheit der Bäume führen, die Feinwurzeln können absterben, erläutert Eisel. Natrium beispielsweise bewirke eine chemische Verdichtung des Bodens. Das Wasser rinnt nur oberflächlich ab. Das schwäche die Abwehrkräfte der Bäume und sei gleichzeitig die Eintrittskarte für Schädlinge. Die kommen als Käfer oder gar Pilze daher.

Einer davon ist der Samtfußrübling, erzählt Eisel. Ein essbarer Pilz für den Menschen, Gift für den Baum. Und wenn der Pilz sich richtig breit macht, dann muss der Baum weg. Wenn Eisels Augen nicht ausreichen, dann bedient er sich der Technik. Bohrwiderstandsmessgerät heißt der Helfer. Vor allem visuell nicht erkennbare Schäden wie Innenfäule, Risse oder Höhlungen deckt er sofort auf. Dabei wird der Widerstand einer feinen Bohrnadel elektronisch gemessen. Aus den Kurven kann dann die Qualität des Holzes abgeleitet werden.

Tödliche Dosis

Laut Landkreis Anhalt-Bitterfeld hält sich die Straßenmeisterei an eine Empfehlung, die die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen herausgegeben hat. „Sie gibt die Streudichte mit Feuchtsalz in Abhängigkeit von Fahrbahnzustand und Temperatur vor“, sagt die Betriebsleiterin der Kreisstraßenmeisterei, Ute Petzoldt-Sanyang. Fünf Gramm pro Quadratmeter bei zu erwartendem Reif (Temperatur um Null Grad und 40 Gramm pro Quadratmeter) bei Glatteis nach Eisregen (Temperatur ab Minus drei Grad und kälter).

„Über den Winter verteilt ist ein Kilogramm Salz pro Quadratmeter an Verkehrsadern eine tödliche Dosis für Straßenbäume“, sagt Eisel. Zelikat kann eine Möglichkeit sein, um Schäden zu minimieren - sie ist teuer, die andere: Finger weg vom Salz. Das geht nicht immer, weiß auch Eisel.

Ersatz für kranke Bäume

Die Stadt Bitterfeld-Wolfen sieht derzeit keine Möglichkeit, auf Feuchtsalz zu verzichten. Es sei die „effektivste Möglichkeit“ gegen Glätte, so Sprecherin Katrin Kuhnt. „Der Einsatz von Sand oder Splitt hat nur eine kurze Wirkung. Sand wird sehr schnell zur Seite gefahren und kommt später in die Kanalisation, wodurch die Kanäle zugesetzt werden.“ Insbesondere Splitt müsse nach der Winterdienstsaison von den Straßen gekehrt werden und sei eine Art Sondermüll.“ Dienstleister, die für die Kommune den Winterdienst erledigen, seien aber angehalten, den Einsatz von Salz zu optimieren. „Das heißt: So wenig Salz wie möglich, so viel Salz wie nötig.“ Wie viele Bäume im Stadtgebiet jährlich geschädigt werden, darüber gebe es keine Zahlen. Im Rahmen der Möglichkeiten würden geschädigte Bäume aber ersetzt.

Erkrankter Straßenbaum in Bitterfeld.
Erkrankter Straßenbaum in Bitterfeld.
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Gefällt Bäume am Straßenrand.
Gefällt Bäume am Straßenrand.
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