Sportverein „Zukunft Frieden“ Solidaritätsbekenntnis für die Ukraine: Bitterfelder Glocken für den Frieden schallen über die Goitzsche
Sportverein „Zukunft Frieden“ setzt mit vielen Partnern ein Zeichen. Eine Auktion soll den Ukrainern helfen.
Bitterfeld/MZ - Punkt 13 Uhr schallen am Samstag Glockenschläge für den Frieden über den Goitzschesee. Es ist der Höhepunkt eines Sportereignisses, das zum Solidaritätsbekenntnis für die Ukraine und zum Protest gegen Russlands Krieg wird. Zufall ist das nicht. Denn organisiert hat diesen besonderen Sporttreff der Bitterfelder Verein „Zukunft Frieden“, dessen Plan eines Katharina-Friedenslaufs über 2.600 Kilometer von Zerbst nach St. Petersburg wieder in weite Ferne gerückt ist.
Sport als klares Statement
„Wir wollten mit diesem Lauf für die Freundschaft zwischen den Völkern und für den Frieden eintreten“, sagt Vereinschef Peter Junge im Fritz-Heinrich-Stadion. Doch der Krieg gegen die Ukraine zerstöre alle bisherigen Gewissheiten. „Deshalb treiben wir heute hier nicht nur Sport, sondern setzen ein klares Zeichen gegen Putins Krieg.“ Diesem Engagement zollt Samstagvormittag auch Bitterfeld-Wolfens Oberbürgermeister Armin Schenk (CDU) großen Respekt: „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass das Friedensglocken-Projekt des Vereins mal solch eine Bedeutung bekommt.“ Seit 2019 übergibt der Verein, unter anderem auf seinen Friedensläufen, solche Friedensglocken als Symbold für sein Anliegen. Empfänger waren bislang unter anderen der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die Ministerpräsidenten Reiner Haseloff und Bodo Ramelow, aber auch Stadtoberhäupter von Etappenorten der letzten beiden Friedensläufe 2020 und 2021, die durch Deutschland führten. Zu der Glockenidee inspiriert wurden die Bitterfelder vom Verein Friedensglocken aus Brück in Brandenburg, der 2018 per Planwagen eine große Glocke nach Nowgorod gebracht hatte und 2025 nach Jerusalem will.
Auch die Brandenburger haben auf ihrer Tur Glocken verteilt. Diese stehen nun beispielsweise in Polen, Lettland, Litauen oder Estland. „Wir haben all ihre Besitzer aufgerufen, heute um 13 Uhr mitzuläuten“, erklärt Vereins-Vize Friedbert Enders. Die Bitterfelder taten es ihnen in den vergangenen Tagen gleich. Aus Eisleben beispielsweise kam sofort Zustimmung. So wird um 13 Uhr auch auf dem dortigen Markt jene Friedensglocke geläutet, die Ex-Bürgermeisterin Jutta Fischer einst aus Bitterfeld erhielt.
Schilderungen aus dem Kriegsgebiet
Friedbert Enders und weitere Brandenburger sind mit einer großen, aus Militärschrott gegossenen Glocke und einem Pferdegespann an die Goitzsche gekommen. „Um 6.30 Uhr ging die Fahrt los“, erzählt Sigrid Klink (CDU), Vereins-Schatzmeisterin und Bürgermeisterin der zu Brück gehörenden Gemeinde Linthe. Bewegt verfolgt nicht nur sie die Worte des Bitterfelder Vereinsmitglieds Maxim Engelmann. Der wurde in Kasachstan geboren, wuchs in der Ukraine auf, lebt inzwischen seit vielen Jahren in Deutschland und hat als Chef der Kunstgießerei Lauchhammer die Bitterfelder Friedensglocken gegossen.
„Das alles ist sehr emotional für mich“, sagt er vor den Sportlern. Seine Schwiegereltern leben in der Ukraine. „Sie sitzen stundenlang im Keller wegen der Angriffe. Wir haben nur sporadisch Kontakt, wenn ein Nachbar aufs Dach klettert, um Handyempfang zu kriegen.“ Oft falle der Strom aus. In Charkiv sei das Haus eines Freundes abgebrannt. „Drei Tage hockte er im Keller wegen des Bombenbeschusses. Aber ich bin stolz, dass die Ukrainer kämpfen und nicht nachgeben.“ Zwar werde Putin wohl nicht auf die Sportler hören. „Aber in bestimmten Zeiten muss man sich auf die richtige Seite stellen und füreinander da sein.“
Gäste aus Leipzig, Dresden und Halle
Deswegen haben sich auch andere an diesem Samstag auf den Weg nach Bitterfeld gemacht: Der Boxtrainer und -veranstalter Uwe „Commander“ Schuster kam mit einer Boxerin und einem Boxer aus Halle, aus Leipzig reisten Mitglieder des Sportclubs International herüber, die „Rennsteiglauf“-Legende Wolfgang Nadler aus Delitzsch und seine Tochter Katja Nadler-Reiche aus Dresden sind ebenso am Start wie die Radfahrer des Eisenbahnersportvereins Bitterfeld und des RSV Wolfen 1950.
Damit beim Zehn-Kilometer-Lauf und auf der Radstrecke alles glatt geht, hatten die Vereinsmitglieder Matze Zemski, Andreas Wrobel und Maik Ryll schon um 7.30 Uhr die gesamte Strecke abgelaufen. Beim Lauf sind sie anschließend natürlich trotzdem dabei. Und danach stürzen sich fünf Enthusiasten unter viel Applaus sogar noch zu einem Bad in die trotz Sonnenscheins eiskalten Fluten der Goitzsche.
Eine Minute lang läuten dann die große und mehrere kleine Friedensglocken, bevor Auktionator Tobias Köppe drei Friedensglocken aus Brück und Bitterfeld unter den Hammer bringt. Jens Wiesner aus Pouch ersteigert für 200 Euro die erste davon. Teils legen Bieter zusammen, andere spenden kleinere Beträge. 1.136 Euro sind laut Junge zusammengekommen, weitere Spender haben Überweisungen angekündigt. „Und ich habe sogar Anfragen für Glocken erhalten“, sagt Junge am nächsten Tag. Der Erlös wird über Maxim Engelmann, der die Glocken kostenlos bereitgestellt hat, an vom Krieg betroffene Ukrainer weitergegeben.