Rettung eines Denkmals Erst Übungsobjekt und dann Ruine - Der Steigerturm in Raguhn soll saniert werden
Der Steigerturm in Raguhn gilt als einer der größten seiner Art in Sachsen-Anhalt. Ab 1869 diente das Bauwerk in Form einer Häuserfassade als Übungsobjekt der Feuerwehr. Ab Mitte der 1990er Jahre setzte der Verfall ein. Was jetzt konkret geplant ist.

Raguhn/MZ - Das Gestrüpp wuchert, die Wände sind beschmiert und aus dem Mauerwerk bröckelt der Mörtel: Der Steigerturm auf dem Raguhner Anger fristet ein trauriges Dasein. Noch.
Denn jetzt hat sich auf Initiative des Raguhner Heimat- und Kulturvereins eine Gruppe von Entscheidungsträgern zusammengesetzt. Der Raguhn-Jeßnitzer Bürgermeister Bernd Marbach, Raguhns Ortsbürgermeister Steffen Berkenbusch (beide parteilos) und Feuerwehrleute wollen sich stark machen für das Wahrzeichen. „Es soll in mehreren Schritten gerettet werden“, wie Jörg Mantzsch vom Heimatverein sagt.
Turm war jahrzehntelang Übungsobjekt der Feuerwehr
Doch das offenbar nicht, um es schnell wieder als Übungsobjekt für die Feuerwehr zu nutzen. Um Wissen einzueignen, gibt es heute andere Möglichkeiten. Raguhns Ortswehrleiter Henry Rousseau und Feuerwehrmann Daniel Schulz nehmen den Steigerturm dennoch genau in Augenschein. Sie sind von seiner stadtbildprägenden Funktion überzeugt.

Gebaut wurde der Turm in Form einer Hausfassade nach Auskunft des Heimatvereins im Jahr 1869 – übrigens mit den gleichen Ziegeln, die auch bei der Errichtung der Schule auf dem Markt der Muldestadt zum Einsatz gekommen sind. Kameraden des Steigerzugs der 1867 gegründeten Raguhner Feuerwehr spielten hier fortan alle möglichen Rettungsszenarien durch. „Bis in die frühen 1990er Jahre war das so. Es sind auch Feuerwehrleute aus anderen Orten angerückt“, erinnert sich Jörg Mantzsch.
Was ihn und die Mitglieder des Heimatvereins stört, ist der jetzige Zustand des Turmes, den die Denkmalschutzbehörde des Landkreises „kulturgeschichtlich sehr bemerkenswert“ nennt. Er sei ein Zeugnis für die Organisation und Professionalisierung des Brandschutzwesens im 19. Jahrhundert. „Mit großer Wahrscheinlichkeit ist er der älteste seiner Art in ganz Sachsen-Anhalt“, fügt Mantzsch hinzu. Ein Denkmal sei es, das erhalten werden müsse wie 25 weitere in Raguhn. „Wir haben im Verein auch die Denkmale der Stadt im Blick“ erinnert der Heimatfreund und freut sich über erste Entscheidungen zum Erhalt des Turms.
Nötige Sicherungsarbeiten sollen im Ehrenamt erfolgen
Das soll nach jetzigem Stand in zwei Etappen geschehen. Zuerst müssen Sicherungsarbeiten durchgeführt werden, um weiteren Verfall durch Verwitterung zu verhindern. Steine sind neu einzusetzen, Fugen zu füllen und die Fassade zu säubern. Um allerdings überhaupt mit den Arbeiten beginnen zu können, braucht es zudem Baufreiheit und eine von Schlaglöchern befreite Zufahrt. Die funktionale Instandsetzung ist der zweite Schritt. „Das geht nur mittel- oder langfristig und steht erst einmal nicht auf dem Plan“, bestätigt Jörg Mantzsch.
Möglich werden soll die Rettung des Turms durch ehrenamtliches Engagement von Feuerwehrleuten, Eigenleistungen von Heimatfreunden und Hilfeleistungen Raguhner Firmen. Erste konkrete Zusagen gibt es bereits.