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Protest vor Arbeitsamt Protest vor Arbeitsamt: Auto wird mit berechnet

Von Boris Canje 07.06.2002, 13:20

Wittenberg/MZ. - Wer am Freitag zum Wittenberger Arbeitsamt musste, der kam an den beiden Sonnenschirmen der Gewerkschaft verdi sowie Initiative "Wir mit Euch" gerade so vorbei. Direkt am Eingang hatten sie sich postiert, wollten über die beabsichtigte Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ins Gespräch kommen.

Und immer wieder blieben auch Menschen stehen, nicht nur, um sich zu informieren, sondern auch, um ihren Frust los zu werden.

Eine von ihnen ist Sigrun Jäger. Im Januar hatte sie sich als Grünflächenpflegerin bei einem Unternehmen in Stackelitz beworben. Zwei Monate später fuhr sie mit großen Erwartungen zum Bewerbungsgespräch. Dort vereinbarte die Wittenbergerin, sich einmal in möglicherweise künftigen Job zu probieren. Was sie dann erlebte, bezeichnete Frau Jäger als moderne Sklaverei. Mit einem Fahrrad und Anhänger wurde sie losgeschickt, vor 40 Eingängen die große oder kleine Hauswoche zu erledigen. Weder an eine Toilette noch an einen Pausenraum war gedacht. Da war ihr schon nach wenigen Stunden klar, dass könnte wohl nicht sein.

Ähnlich erging es Rene Degenhardt, der sich selbst einen Job bei einer Arbeitskräfte-Verleihfima gesucht hatte. Durch ganz Deutschland und bis nach Österreich wurde er geschickt. Benzinkosten, zumindest von Wittenberg zum Arbeitsort, musste er selbst tragen. Eine Entschädigung gab es nur von der zeitweiligen Wohnung zur Arbeitsstelle. Und dann noch die schlechte Zahlungsmoral. Mehrfach musste der Wittenberger seinem Lohn hinterher rennen.

Dass man als Sozialhilfeempfänger seine Vermögenslage offenlegen muss und auch der Wert des Autos dabei berücksichtigt werden soll, erbost Heike Lorenz. Das Geld für den Führerschein habe sie sich vom Munde abgespart, für das Auto einen Kredit aufgenommen, weil ihr gesagt wurde, dann seien ihre Vermittlungschancen höher. Zudem brauchte sie ein Fahrzeug, um zur Umschulung nach Kropstädt zu kommen. Da könne es doch wohl nicht sein, dass das Auto dann für sie erschwerend angerechnet wird.