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Nach Entlassung der Jobcenterchefs Nach Entlassung der Jobcenterchefs: Die schwierige Tochter B&A

Von Felix Knothe 08.01.2015, 21:50
Das Gebäude der B&A befindet sich in Zerbst.
Das Gebäude der B&A befindet sich in Zerbst. Sebastian Siebert Lizenz

Bitterfeld - Seit der Entlassung der beiden Anhalt-Bitterfelder Jobcenterchefs Bärbel Wohmann und Ingolf Eichelberg am 2. Januar kommen immer neue Details ans Licht. So gab es hinter den Kulissen bereits seit vergangenem Sommer erhebliche Kritik am Verhältnis des Jobcenters und seiner Chefs zu dessen 100-prozentiger Tochtergesellschaft B&A, die kreisweit Bildungs- und Fördermaßnahmen für Langzeitarbeitslose durchführt.

Private Bildungsträger hatten die Konstruktion sogar von der Landesregierung überprüfen lassen - unter anderem weil Eichelberg bis Sommer in einer Doppelfunktion im Jobcenter und bei der B&A tätig war. Auch dass der Ehemann der Jobcenter-Vorstandschefin Bärbel Wohmann ebenfalls in der B&A tätig war, als „Leiter Maßnahmen und Technik“, stieß den Konkurrenten auf.

Die privaten Bildungsunternehmen sahen darin eine Wettbewerbsverzerrung. Im Juli 2014 wandte sich der Verband deutscher Privatschulen (VdP) an das Magdeburger Sozialministerium. Das Schreiben liegt der MZ vor. Darin heißt es, hoch bedenklich sei nicht nur die „Verquickung handelnder Personen“ zwischen Jobcenter und B&A, weil die B&A so bei Ausschreibungen womöglich Kenntnis über die Angebote der privaten Konkurrenz bekommen könne. Kritisiert wird auch, dass das Jobcenter überhaupt eine Tochtergesellschaft betreibt, „die Maßnahmen umsetzt, die vom Jobcenter selbst vergeben werden.“

Eigenbetriebe als Maßnahmeträger

Die B&A agiert auf dem Kerngebiet vieler privater Träger: Sie bietet Arbeitslosen Ein-Euro-Jobs oder Weiterbildungsmaßnahmen an. Teilweise erhalten die Arbeitslosen vom Jobcenter Bildungsgutscheine und können die Bildungsträger selbst wählen.

Das Jobcenter Anhalt-Bitterfeld ist nicht das einzige, in dem in letzter Zeit Chefs gehen mussten. Im September 2014 hatte in Halle Jobcenter-Geschäftsführerin Sylvia Tempel nach Korruptionsvorwürfen ihren Job verloren. Sie hatte Ein-Euro-Jobber auf ihrem Privatgrundstück arbeiten lassen. Zudem gab es Unregelmäßigkeiten zwischen Jobcenter und einem Bildungsträger.

Der Saalekreis feuerte 2011 den Chef des kommunalen Jobcenters Roland Schimek. Er war an Firmen beteiligt, denen das Jobcenter Arbeitslose vermittelte. (xkn)

Ein anderer Teil der Maßnahmen, darunter die Ein-Euro-Jobs, werden aber vom Jobcenter am Markt ausgeschrieben. Auch andere Kommunen unterhalten Eigenbetriebe als Maßnahmeträger. Dass ein solcher aber Tochter des Jobcenters selbst ist, ist eine Anhalt-Bitterfelder Ausnahme.

Auf der nächsten Seite geht es mit den Verwicklungen des Jobcenters Anhalt-Bitterfeld weiter.

Die Prüfung in Magdeburg fiel eindeutig, aber auch salomonisch aus: Das Jobcenter darf die B&A in der jetzigen Form betreiben, aber die personellen Verquickungen sind nicht zulässig, heißt es sinngemäß im Antwortschreiben an die privaten Träger vom November.

Das Jobcenter Anhalt-Bitterfeld ist nicht das einzige, in dem in letzter Zeit Chefs gehen mussten. Im September 2014 hatte in Halle Jobcenter-Geschäftsführerin Sylvia Tempel nach Korruptionsvorwürfen ihren Job verloren. Sie hatte Ein-Euro-Jobber auf ihrem Privatgrundstück arbeiten lassen. Zudem gab es Unregelmäßigkeiten zwischen Jobcenter und einem Bildungsträger.

Der Saalekreis feuerte 2011 den Chef des kommunalen Jobcenters Roland Schimek. Er war an Firmen beteiligt, denen das Jobcenter Arbeitslose vermittelte. (xkn)

Im Landratsamt hatte man da bereits reagiert. Eichelberg trat von seinem B&A-Posten zurück. Auch Wohmanns Ehemann arbeitet nach Darstellung von Landrat und Jobcenter-Verwaltungsratschef Uwe Schulze (CDU) „seit einigen Monaten“ nicht mehr in der B&A. Auf der dortigen Homepage wird er allerdings noch als Mitarbeiter geführt.

Trotz rechtlicher Bedenken

Schulze verteidigte gegenüber der MZ die frühere Berufung Eichelbergs auf den B&A-Posten, trotz der rechtlichen Bedenken im Sozialministerium. Sie müsse „im historischen Zusammenhang“ gesehen werden. „Im Zuge der Liquidation der BQP war es wichtig, die Maßnahmen zu retten. 650 Menschen waren damals betroffen. Es ging um deren Schicksale“, so Schulze. Die ebenfalls kommunale BQP musste 2013 wegen hoher Verluste aufgelöst werden. Die B&A übernahm Mitarbeiter und begonnene Maßnahmen. Eichelberg sollte der Krisenmanager sein.

Dessen Demission bei der B&A stehe nicht direkt in Zusammenhang mit dem VdP-Protest, so Schulze. Der Landrat sagt aber auch: „Wir haben darauf reagiert, und es hat eine Trennung der Personalien gegeben.“ In einem Gespräch mit dem VdP im Dezember, also kurz vor dem großen öffentlichen Paukenschlag im Jobcenter, seien „alle Probleme gelöst“ worden, so Schulze. „Wir wollten nie eine Monopolstellung der B&A.“

VdP-Geschäftsführer Jürgen Banse bestätigt zwar ein Entgegenkommen des Kreises gegenüber den privaten Trägern, sagt aber auch, man halte die Konstruktion von Jobcenter und B&A weiter „für wettbewerbsrechtlich fragwürdig.“ (mz)