Mit Geduld und Geschick

Von Bärbel Helbig 03.03.2008, 18:05

Holzweißig/MZ. - "Wir müssen zusehen, dass wir bald eine Kapitänsuniform kriegen", scherzt Dieter Hirsekorn. Die Arbeiten am Jollenkreuzer, den zehn Jugendliche unter seiner Anleitung seit drei Monaten in der Tischlerwerkstatt in Holzweißig restaurieren, sind schon weit fortgeschritten. Die alte Farbe ist entfernt, das defekte Holz ausgewechselt, der Unterbau neu laminiert und zum Teil grundiert. Es scheint sicher zu sein: Das Boot wird wie geplant Ende Mai originalgetreu wiederhergestellt sein. Mit Beiboot, sagt einer der Jungen übermütig. Doch der 75-jährige Tischlermeister bremst den Überschwang ein wenig. "Wir haben 50 Prozent geschafft", stellt er sachlich fest.

Hirsekorn weiß, dass es noch einige Zeit und viel Geduld kosten wird, bis das Boot zum ersten Segeltörn auf dem Goitzsche-See starten kann. Drei bis vier Farbschichten sind zum Beispiel noch aufzutragen, jede muss gründlich austrocknen und sorgfältig abgeschliffen werden. "Sonst bleibt Moos dran hängen", erklärt er. Schleifen, Sägen, Fräsen, Feilen und Hobeln haben die 18- bis 25-Jährigen, die zum Teil ohne Schulabschluss sind, ihre Ausbildung abgebrochen oder noch gar nicht begonnen haben, in den zurückliegenden Monaten immer wieder geübt. Ihnen soll mit dem gemeinsamen Projekt der Arge, der Euro-Schulen, des Geschäftsführers des 2water-Wassersportzentrums Jörg Pietzsch und von Tischlermeister Dieter Hirsekorn die Möglichkeit gegeben werden, sich beruflich zu orientieren und sich fürs Weiterlernen zu motivieren.

Mit den bisherigen Ergebnissen ist Hirsekorn ganz zufrieden. "Acht sind immer da, und wer fehlt, ist entschuldigt", berichtet er. Ein Junge aus der Gruppe hat inzwischen eine Lehre als Lagerist begonnen, ein anderer hat aufgehört, aus gesundheitlichen Gründen, wie es hieß. Ihre Stelle haben zwei Neue eingenommen. Sie haben inzwischen auch schon einige von Hirsekorns Geschichten über seine Erlebnisse in der Prüfungskommission gehört und wissen daher ziemlich genau, worauf es ankommt.

Der erfahrene Ausbilder sieht bei seinen Schützlingen meist ganz schnell, "wer sich machen wird" und mit wem es Schwierigkeiten geben könnte: "Dem einen kannst du die Hosentaschen zunähen, beim anderen sind die Innentaschen durchgestoßen." Zu denen mit den intakten Taschen scheint Daniel Palm zu zählen. Der strenge Hirsekorn hat den Wolfener bei einem Innungs-Kollegen in Zörbig für ein Praktikum empfohlen, das der 19-Jährige im Mai absolvieren kann. "So etwas mache ich nicht ohne weiteres, ich will mich schließlich nicht blamieren", sagt der Tischlermeister. Daniel Palm will seine Chance nutzen: "Der Beruf interessiert mich, eine Lehre wäre toll." Für Kai Eckert kommt eine Tischler-Lehre eher nicht in Betracht, "wegen Mathe", wie er sagt. Den 23-Jährigen zieht es mehr in Richtung Mediengestaltung / Werbedesign. Nach einem passenden Praktikumsplatz für ihn schaut sich Jörg Pietzsch um. Von ihm stammt nicht nur die Idee zum Projekt, er hat auch das Boot zur Verfügung gestellt, das nach der Restaurierung einem gemeinnützigen Verein übergeben werden soll.

Damit alle zehn Projekt-Teilnehmer den Bootsführerschein erwerben können, hat der Sportlehrer auch schon Firmen gefunden, die bereit sind, die Kosten zu übernehmen. "Der Bootsführerschein soll für die Jungen Motivation und Anerkennung sein", sagt Pietzsch. Doch zunächst muss der Jollenkreuzer fertig gestellt werden. "In zwei Wochen werden schon die Farben zu sehen sein - gelb, moosgrün und mahagonifarben", berichtet Hirsekorn und zeigt ein Foto mit dem Farbentwurf, den Daniel Palm am Computer zusammengestellt hat. An seinem Lieblingsplatz mit Tastatur und Bildschirm hat er mit seinem Kumpel Kai Eckert aber noch mehr vor. Sie wollen zu Hause eine Internetseite über das Projekt "Boot" basteln.