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Kulturdenkmal Kulturdenkmal: Vor 20 Jahren ging Gut Tannepöls an Besitzer zurück

Von iris lademann 30.08.2013, 11:11
Reinhard Bauer hat sein Anwesen verwandelt. Dazu gehört auch eine neue Terrasse an der umgebauten Remise.
Reinhard Bauer hat sein Anwesen verwandelt. Dazu gehört auch eine neue Terrasse an der umgebauten Remise. thomas ruttke Lizenz

großzöberitz/MZ - Es sind nur noch Bruchstücke, die heute rein äußerlich an das 1892 gegründete Gut Tannepöls in Großzöberitz erinnern. Denn seit Beginn der 1990er Jahre hat sich das ehemals landwirtschaftlich geprägte Anwesen stetig verwandelt. Im Vergleich zu alten Fotos präsentiert es sich heute schöner denn je.

Obwohl Landwirtschaft heute keine Rolle mehr spielt, ist der Charakter eines typischen Gutshofes erhalten geblieben. „Das war auch so gewollt“, erklärt Reinhard Bauer, der in dritter Generation das Anwesen führt - jetzt allerdings als Hotel mit einem breiten Angebot an Tagungs- und Veranstaltungsräumen für unterschiedliche Anlässe wie Feste.

Auf politischen Druck hin hätten die Eltern von einer Minute auf die andere die Heimat verlassen müssen, weiß der heute 62-Jährige aus Erzählungen. Er war damals noch ein Baby. Lediglich zwei Koffer hätten man auf der Flucht gen Westen mitnehmen dürfen. Auch die Tiere mussten zurückbleiben. „Das hat meinen Eltern doch sehr weh getan.“ Deshalb kann Reinhard Bauer auch gut verstehen, weshalb sie unmittelbar nach der politischen Wende einen Antrag auf Rückübertragung gestellt haben. Denn schließlich sei es für sie auch eine Möglichkeit gewesen, in ihre angestammte Heimat zurückkehren zu können - dorthin, wo sie aufgewachsen sind.

Zu einem Wochenende der offenen Türen lädt das Team vom Gut Tannepöls am 6. und 7. Oktober schon jetzt ein. An diesem Tag sollen den Besuchern die umgestalteten Räumlichkeiten präsentiert werden.

Darüber hinaus öffnet auch ein Markt seine Türen, auf dem heimische Produkte der Marke „Mittelelbe“ und Weine sowie Mediterranes probiert und gekauft werden können. Für den musikalischen Part sorgt am Klavier und auf dem Akkordeon der in Halle lebende Musiker Juri Butt.

Doch was sie Anfang der 90er Jahre vorfanden, war alles anderes als schön, erinnert sich Reinhard Bauer. Denn den weitläufigen, großbäuerlichen Hof, auf dem Ackerbau und Viehzucht im Mittelpunkt standen, hatte nach 1953 die LPG übernommen. Im Haupthaus, dem heutigen Hotel, war die Verwaltung über all die Jahre untergebracht. Doch die einst für die Viehzucht genutzten Ställe verfielen. Vor dem Hintergrund der einsetzenden Kollektivierung waren kleine Ställe unrentabel geworden und standen Jahrzehnte leer.

„Im einst gepflegten Park, der rund 10 000 Hektar umfasst , stand das Unkraut meterhoch“, sagt der heutige Inhaber rückblickend. Angelegt wurde diese grüne Oase durch seinen Großvater und die Familie Schlemmer, in die Werner Bauer eingeheiratet hatte. Doch durch dessen frühen Tod musste der 16-jährige Sohn Fritz, der Vater von Reinhard Bauer, den Hof übernehmen. Das war 1926.

Vor nunmehr 20 Jahren wurde der mittlerweile zum Kulturdenkmal erklärte Besitz als Hotel Gut Tannepöls eröffnet. Seit dem ersten Tag geht es im gesamten Ensemble um eine Verbindung von Tradition mit modernem Komfort. Längst hat der Park wieder zu seinem Ursprung zurückgefunden. Lediglich der Swimming-Pool, den es bereits in den 1920er Jahren gab, ist verschwunden. Geblieben ist der im Jugendstil gebaute Pavillon unter den wuchtigen Bäumen, der einst auch als Umkleide diente. Er wird von der Familie Bauer in den Sommermonaten genutzt. Sie lebt inzwischen wieder auf dem Großzöberitzer Anwesen.

Reinhard Bauer kann sich noch gut an die immense Arbeit erinnern, die vor allem mit der Sanierung der alles umgebenden Grundstücksmauer einhergegangen war. Sie war als solche kaum mehr zu erkennen. Und einiges sei nicht mehr zu retten gewesen, sagt Bauer. Als Beispiel nennt er eine Scheune, von der heute nur noch Stücke einer ehemaligen Backsteinmauer künden. Auch die Mühle ist nicht mehr funktionstüchtig. Ein Hingucker ist hingegen die Remise: Sie entstand in jener Zeit, in der das Gut noch voll auf Landwirtschaft eingestellt war und diente damals als Schweinestall. Vor die Remise wurde eine neue Terrasse gebaut.

In der Nähe steht auch ein kleines Haus, das Kletterrosen und wilder Hopfen fast überwuchert haben. Wie Bauer erklärt, gehört es zu den ältesten Gebäuden des Gutes. Weil es romantisches Ambiente versprüht, wird es seit der Sanierung als Übernachtung für Hochzeitspaare angeboten, die auf dem Gut mit ihren Gästen feiern.

Bauers haben in die Umgestaltung des Hofes zu einer Rundum-Wohlfühl-Oase nicht nur eigenes Geld gesteckt. Reinhard Bauer, der seit dem Tod des Vaters die Geschäfte führt, konnte für die Sanierung der Remise auch auf Fördergeld über das Leader-Programm bauen. Insbesondere dieser Raum ist es, der sich zum großzügig angelegten Park hin öffnet. Und wer ihn gemietet hat, kann ebenso die neue Terrasse nutzen.

Übernachtungshaus für Hochzeitspaare
Übernachtungshaus für Hochzeitspaare
thomas ruttke Lizenz
Reinhard Bauer und Sohn Urs vom Gut Tannepöls in Großzöberitz. An das Gemäuer wird schon bald Hand angelegt.
Reinhard Bauer und Sohn Urs vom Gut Tannepöls in Großzöberitz. An das Gemäuer wird schon bald Hand angelegt.
ANDRÉ KEHRER/archiv Lizenz