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Erste Protestkundgebung Kommt es zum Streik? Soex-Mitarbeiter in Wolfen fordern bessere Arbeitsbedingungen

Am Dienstag haben die Beschäftigten des hiesigen Soex-Standorts ihre Vormittagspause für den Protest genutzt. Über mehrere Schichten verteilt, nahm etwa die Hälfte der rund 500 Angestellten an der Aktion teil. Worum es ihnen geht.

Von Tim Fuhse Aktualisiert: 30.03.2022, 15:57
Soex-Mitarbeiter protestieren vorm Eingang des Betreibsgeländes in Wolfen.
Soex-Mitarbeiter protestieren vorm Eingang des Betreibsgeländes in Wolfen. (Foto: André Kehrer)

Wolfen/MZ - Diese Schichtpause bei der Soex Textil-Vermarktungsgesellschaft ist keine gewöhnliche. Vor dem Eingang des Betriebsgeländes im Wolfener Teil des Chemieparks schallt Rockmusik aus einer kleinen Box. Ein Pulk von Mitarbeitern steht zusammen, sie tragen gelbe Warnwesten.

Es wehen Flaggen der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Am Dienstag haben die Beschäftigten des hiesigen Soex-Standorts ihre Vormittagspause für den Protest genutzt. Sie fordern bessere Arbeitsbedingungen. Über mehrere Schichten verteilt, nahm etwa die Hälfte der rund 500 Angestellten an der Aktion teil.

Druck auf Arbeitgeber

„Das Zeichen ist deutlich“, sagt Jan Melzer, Gewerkschaftssekretär der IG BCE Halle-Magdeburg. Diese hat den Protest mitorganisiert. Man wolle öffentlichen Druck auf den Arbeitgeber aufbauen, erklärt Melzer - denn die Lage in dem Betrieb sei prekär. Am Standort in Wolfen sortieren die Beschäftigten etwa Textilien aus Altkleidersammlungen für die Nachnutzung. Dafür erhalten sie ein Gehalt, das sich um den aktuellen Mindestlohn von 10,50 Euro die Stunde bewegt. Außerdem sind sie über Jahre und zum Teil noch immer in Kurzarbeit. Für die Mitarbeiter bedeutet das ein geringes Einkommen. Wenn dann noch die Benzinpreise steigen - wie derzeit durch den Krieg in der Ukraine - kann das schnell in die persönliche Krise führen. „Teilweise wissen die Beschäftigten gar nicht, wie sie frühs zur Arbeit kommen sollen“, berichtet Melzer. Verärgert sei man zuletzt auch wegen eines schlechten Informationsflusses im Unternehmen und wenig sensiblen Schichteinteilungen für Angestellte mit kleinen Kindern gewesen.

Das Betriebsgelände
Das Betriebsgelände
(Foto: Kehrer)

Gehör bei der Unternehmensführung finden die Wolfener allerdings nicht. Soex hat seinen Hauptsitz in Ahrensburg (Schleswig-Holstein). Seit vergangenem Jahr leitet Walter J. Thomsen die Firma als alleiniger Geschäftsführer. Bei Tarifverhandlungen habe man ihn jüngst auf die prekäre Situation hingewiesen, berichtet Melzer. Aber: „Das hat den Geschäftsführer überhaupt nicht interessiert“. Demnach gebe es im Unternehmen kein Geld zu verteilen.

Gehalt über Mindestlohn

Arbeiter und Gewerkschaft tragen ihre Forderung deshalb nun in die Öffentlichkeit. Sie wollen Gehälter, die deutlich über dem ab Oktober greifenden Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde liegen. Außerdem fordern sie vom Geschäftsführer tarifliche Mindeststandards wie Urlaubs-, sowie Weihnachtsgeld und Altersvorsorge. „Wir erwarten, dass er innerhalb der nächsten 14 Tage mit einem Angebot auf uns zukommt“, sagt Melzer. Ansonsten werde es vor Ort nicht bei der „Gelben Karte“ einer Protestkundgebung in der Schichtpause bleiben. „Wenn er jetzt nicht reagiert, bleibt uns nichts anderes übrig, als die Streikkarte zu ziehen“, so der Gewerkschafter.

Auf MZ-Anfrage war die Unternehmensführung am Dienstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.