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Kein Stuhl ist leer geblieben

Von Dieter Maertins 25.10.2006, 16:51

Wolfen/MZ. - Mit "öfter machen" quittierte Bürgervereins-Vorsitzender Raik Schulze das Interesse.

Ein engagiert diskutiertes Thema war der Abriss. Bis 2010 sollen mindestens 6 000 Wohnungen in Wolfen-Nord verschwinden, nahezu ganze Siedlungsteile wie etwa der Komplex IV / 3 sind es bereits. Warum immer ganze Blöcke? Nur Geschosse ginge doch auch - siehe andere Städte. Die übrigen Mieter könnten dann bleiben, meinte Otto Krietzsch aus der Paracelsusstraße. Auch seine Wohnung steht vor dem Abriss, obwohl es ihm und anderen Mietern dort sehr gefällt. "Warum gerade meine Wohnung?" - mit dieser Frage gehen viele im Neubaustadtteil um.

Geschossweiser Rückbau, so Gerhard Jaenichen, kaufmännischer Geschäftsführer der Wohnungsgenossenschaft Wolfen, sei auch anderswo nicht die Regel und zudem teurer. Auch in anderer Hinsicht würde dies den Wohnungsgesellschaften nicht weiter helfen. Mit jedem Block, der weg komme, so Jaenichen, reduzieren sich auch die Altschulden. Beim Teilrückbau gebe es noch keine Regelung.

Von rund 33 000 Einwohnern im Jahr 1990 ist die Bevölkerungszahl in Wolfen-Nord auf jetzt rund 12 500 gesunken. Während der Abriss nicht mehr benötigter Wohnungen über das Programm Stadtumbau Ost gefördert wird, wird der zweite Teil dieses Programms - die Aufwertung der Wohnstandorte - kaum wirksam. Bisher flossen 80 Prozent der zur Verfügung gestellten Mittel in den Abriss.

Auch Wolfens Wohnungsgesellschaften würden in Sachen Aufwertung mehr tun. Die Pläne, was gemacht werden könnte - Fahrstühle oder Balkons - lägen schon längst parat, so Jürgen Voigt, Leiter Wohnungswirtschaft der Wohnungs- und Baugesellschaft. Nur mit Fördermitteln aber könne man die Mieten im Zaun halten.

Lösten die Antworten in Wohnungsfragen wenigstens Nachdenken aus, so fehlte in einer anderen Frage jegliches Verständnis. Wie lange sollen die "Nicht-mehr-Schulen" noch stehen, fragte ein Bürger. Stefan Hermann, Sachbereichsleiter Stadtentwicklung, erklärte die feinen Unterschiede.

Den Wohnungsabriss fördern Bund und Land. Bei Schulen und öffentlichen Einrichtungen sei dies anders. Hier könne nur mit Mitteln gearbeitet werden, die für die Aufwertung bestimmt sind. Das aber heißt Drittel-Finanzierung - je ein Drittel für Bund, Land und Kommune. "Das Geld hat Wolfen nicht", so Hermann. "Sitzen da welche am Tisch, die keine Ahnung haben?", stellte Krietzsch in den Raum. Direkt antworten wollte ihm niemand.