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Hochwasser in Raguhn-Jeßnitz Hochwasser in Raguhn-Jeßnitz: War der Bürgermeister zu lange im Urlaub?

Von lisa garn 25.07.2013, 07:59
Die Flut beschäftigt die Stadt Raguhn-Jeßnitz wohl noch über Monate, wenn nicht Jahre: Im Juni war auch die Dessauer Straße in Jeßnitz abgesoffen.
Die Flut beschäftigt die Stadt Raguhn-Jeßnitz wohl noch über Monate, wenn nicht Jahre: Im Juni war auch die Dessauer Straße in Jeßnitz abgesoffen. Kehrer Lizenz

raguhn-jessnitz/MZ - Nach der Flutkatastrophe steht in Raguhn-Jeßnitz vor allem einer im Mittelpunkt der Kritik: der Bürgermeister Eberhard Berger (CDU). Zweimal weilte er im Urlaub - kurz vor der großen Flut am 3. Juni und dreieinhalb Wochen danach. „Das geht nicht“, sagt der Raguhner Ortsbürgermeister Steffen Berkenbusch (SPD). „Es war abzusehen, dass das Wasser kommt, er aber fährt zu Beginn weg. Und danach in den Jahresurlaub: Damit lässt er seine Verwaltung und die Bürger mit all ihren Sorgen und Nöten allein. Das Verhalten spiegelt sein wahres Interesse an der Stadt Raguhn-Jeßnitz wider.“ Auf eine Analyse und Auswertung der Ereignisse warte man bis heute, so Berkenbusch. „Eine zeitnahe Aufarbeitung ist ja schon gar nicht mehr möglich. Ich habe den Eindruck, der Bürgermeister will die Probleme auf die lange Bank schieben, in der Hoffnung, dass sie sich von selbst erledigen.“

Berger räumt ein, zweimal verreist gewesen zu sein. Am 31. Mai wollte er über das Wochenende zu Verwandten. „Da stand der Pegel in Bad Düben noch unter der Hochwasserstufe eins. Eine prekäre Lage war zwar da. Aber dass sie sich innerhalb von einem Tag so verschärft, war nicht abzusehen. Ich habe ständig Kontakt mit meiner Stellvertreterin gehalten und den Wochenend-Besuch früher beendet, als es kritisch wurde. “ Seinen Jahresurlaub habe er dann am 26. Juni angetreten. „Da war die Evakuierung seit einer Woche aufgehoben und alles beräumt. Alles war mit meiner Vertreterin so abgesprochen.“ Eine Auswertung der Ereignisse habe in dieser Zeit ohnehin nicht erfolgen können. „Wir wären gar nicht dazu gekommen. Die gesamte Verwaltung war damit beschäftigt, die Anträge für die Soforthilfe zu bearbeiten. Außerdem sollten alle Beteiligten, also auch Mitglieder der Wehren, erstmal zur Ruhe kommen.“

Berkenbusch kritisiert aber noch einen weiteren Punkt im Risikomanagement: „Für den Katastrophenfall fehlt in der Stadt Raguhn-Jeßnitz eine Technische Einsatzleitung.“ Aus Feuerwehrkreisen wird sogar die Kritik laut, Berger habe spezielle Schulungen am Institut für Brand- und Katastrophenschutz in Heyrothsberge bei Magdeburg blockiert. Zu den Lehrinhalten gehören beispielsweise Bereiche wie Personal und Innerer Dienst, Lageführung, Einsatz der Kräfte sowie Informations- und Kommunikationswesen. „Wir sind nun mal ein Hochwassergebiet und noch dazu eine sehr große Stadt, deshalb brauchen wir dringend eine Technische Einsatzleitung. Das fordern wir mit der Stadtwehrleitung und anderen Ortswehren seit Jahren“, so Wilfried Nitsche, Chef der Raguhner Feuerwehr. „Sind die Leute speziell geschult, laufen Krisenfälle strukturiert ab; jeder hat seine feste Aufgabe, die systematisch abgearbeitet wird. So werden Fehler vermieden.“

Das Stadtoberhaupt dementiert. „Dass Mitarbeiter nicht zur Schulung dürfen, ist Quatsch. Es hat Anmeldungen gegeben, aber die Kurse waren schon voll.“ Berger begrüße diese Schulungen ausdrücklich - betont aber auch: „Wir hatten einen Katstab mit Mitgliedern der Verwaltung, die rund um die Uhr in beiden Rathäusern im Einsatz waren. Es gab eine Hochwasser-Einsatzplanung, die Mitarbeiter haben die einzelnen Bereiche abgearbeitet - auch ohne zum Teil speziell ausgebildet zu sein.“ Es habe kaum Meldungen gegeben, „dass etwas unstrukturiert war, es hat hervorragend funktioniert“. Nun lägen neue Anmeldungen für Schulungen vor, die Berger weiterleiten werde. Er sicherte ebenso zu, dass die Flutereignisse zeitnah ausgewertet würden. Am Donnerstag gebe es dazu ein internes Treffen mit Bürgern aus Jeßnitz-West, das Thema soll auch beim Ordnungsausschuss und im Stadtrat behandelt werden.

Eberhard Berger, Bürgermeister von Raguhn-Jeßnitz.
Eberhard Berger, Bürgermeister von Raguhn-Jeßnitz.
André Kehrer Lizenz