Handel zu Zeiten der DDR Handel zu Zeiten der DDR: Kreismuseum Bitterfeld zeigt Ausstellung "HO & Co."

Bitterfeld - Das ist ja die reinste Fundgrube des DDR-Handels! Ja, man kommt aus dem Staunen nicht mehr raus, längst vergessene Sachen und manche Geschichte dahinter drängen sich ins Gedächtnis.
Welche Erinnerungswellen die Ausstellung „HO & Co.“ im Kreismuseum schlägt, macht schon die Eröffnung überdeutlich: Selten sah man so viele Interessierte sich im Schauraum drängen. Und fröhlich staunen, in Grüppchen schwatzen und lachen.
Denn alles, was an Exponaten ausgestellt und als großformatige Fotos an der Wand zu sehen ist, hat einst zum Leben in der DDR gehört. Neun Leute haben in ihren Schränken gekramt und sind für diese Ausstellung fündig geworden. Auch der museumseigene Fundus gab noch allerhand her.
Eine Reise nach Berlin war zu DDR-Zeiten oft mit einem großen Wunschzettel verbunden
Das alles also waren Schätze der Händler von HO und Co. Ob das chinesische Handtuch oder die gute Bettwäsche, das Sandmännchen-Spiel oder der Plastikbecher mit der Milchtüte, der kantige Komet-Mixer RG 5 - es war einmal ... Und hier ist es wieder. „Oh, der Mixer wird bei eBay hoch gehandelt“, meint Stefan Julius, vor der Vitrine mit dem Wundergerät stehend. „Das Ding ist ja unverwüstlich.“
Nicht nur das.
„Die Handtücher und die Bettwäsche hatten auch Qualität“, sagt die Bitterfelderin Eva-Maria Engel. Und sofort fällt der damaligen CKB-Archivarin eine Geschichte ein, made in GDR: „Wir wurden in Berlin von Kollegen im VEB Elektrokohle Lichtenberg erwartet. Aber auf dem Alex sahen wir, dass es Handtücher und Bettwäsche gab“, erzählt sie. „Na, wir sind nie angekommen bei Elektrokohle. Die Kollegen werden uns das heute nicht mehr übelnehmen.“
An Geschäftsreisen nach Berlin erinnert sich Gisela Rehn, die jedes Jahr auch eine Reise in hauptstädtische Geschäfte unternahm. Damals arbeitete sie im CKB in der Einkaufsabteilung. „Wenn ich nach Berlin in unser Büro musste, hatte ich immer einen Zettel mit. Da standen die Wünsche der Kollegen drauf“, blickt sie zurück.
Museumschef Uwe Holz ist „gelernter Wessi“
„Und das war jedes Jahr das gleiche. Aber alle haben sich gefreut, wenn ich zurückkam.“ Klar - ’s gab doch nischt! Volkes Gedächtnis wird im Kreismuseum gehörig und lustvoll aufgefrischt. Museumschef Uwe Holz, der „gelernte Wessi“, zitiert fröhlich seine DDR-Verwandten: „Es gab alles, aber nicht überall und nicht zu jeder Zeit.“ Ahhh ja, wir entsinnen uns ...
Elke Ronneburg erinnert gleich leidenschaftlich daran, wie man sich doch gefreut hat, etwas endlich in den Händen zu halten, das sowas wie ein Sehnsuchtsobjekt war. „Das war doch was besonderes. Man hatte noch mehr Freude“, weiß sie. „Heute ist ja alles im Überfluss da.“ Mag sein. Aber, Hand aufs Herz, will man wirklich wieder in der Schlange stehen und nach Alltagsdingen jagen?
In den Läden der DDR waren die Regale nicht leer - es stand bloß immer eine Menge vom Selben drin
Holz hält dagegen: „Für manche Amiga-Schallplatte hat man sich schon abends angestellt. Was ist denn heute, wenn ein neues iPhone rauskommt?“ Recht hat er hier. Nur in einem anderen Fall nicht so ganz: In den Läden der DDR waren die Regale nicht leer - es stand bloß immer eine Menge vom Selben drin.
Fast noch mehr Erinnerungen an HO & Co. als die Exponate wecken die Fotos. Auf einem hat Jens-Sven Ulrich seine Mutter entdeckt. Sie war Verkäuferin im HO-Lebensmittelladen in der Bitterfelder Friedensstraße, dort, wo sich heute die Allianz-Versicherung befindet. „Das ist meine Mutti und daneben steht Frau Hartmann“, sagt er freudestrahlend.
„Im Laden habe ich immer auf den Bus gewartet, mit dem ich nach Carlsfeld in den Kindergarten gefahren bin.“ Und was für ein Zufall: Elke Ronneburg, einst Chefsekretärin bei HO, kennt Ilse Ulrich natürlich. „Sie kam immer mit dem Fahrrad“, weiß sie. „Das sind sehr, sehr schöne Fotos. Ich gucke natürlich nach Bildern, auf denen HO-Lebensmittelläden abgebildet sind.“ Davon gibt es eine Menge. Und an denen lässt sich zeifellos erkennen: Nicht nur HO & Co. hatten 1989 ihre beste Zeit längst hinter sich. (mz)
Die Ausstellung „HO & Co.“ kann noch bis Februar 2018 besucht werden. Das Kreismuseum am Kirchplatz 3 hat von Dienstag bis Freitag und am Sonntag von 10-16 Uhr geöffnet.