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Großbaustelle A9 Großbaustelle A9: Angst vor dem Verkehrschaos

12.04.2016, 19:21
Zwischen Bitterfeld und Dessau geht es für Autofahrer nur langsam voran.
Zwischen Bitterfeld und Dessau geht es für Autofahrer nur langsam voran. André Kehrer

Thalheim - Nur noch wenige Wochen, dann beginnen die Chaos-Monate auf der A 9. Ab Mai wird zwischen Bitterfeld-Wolfen und Dessau-Süd dem Beton-Krebs zu Leibe gerückt und der 15 Kilometer lange Streckenabschnitt gen Norden saniert. Bis zum Ende des Jahres wird der gesamte Verkehr nur noch über eine Autobahnhälfte geführt. Gesperrt ist der Abzweig Thalheim in Fahrtrichtung Berlin. Damit sind das Solar Valley und andere Gewerbegebiete von der Schnellstraße teilweise abgekoppelt.

Umweg von und nach Solar Valley

Das heißt, Unternehmen und ihren Mitarbeitern, Zulieferern, Kunden und Spediteuren steht ein gewaltiger Umweg bevor. Viele befürchten, die Behandlung des Betonkrebses wird einen Verkehrsinfarkt hervorrufen - sowohl auf der Autobahn als auch auf den Ausweichstrecken.

Henry Eichler plagen deshalb schlaflose Nächte. Für den Geschäftsführer des Autohofes bei Thalheim bahnt sich eine Umsatz-Katastrophe an. Er rechnet damit, dass die halbjährige Sperrung zu extremen finanziellen Verlusten führen wird. Wer soll kommen, wenn die Abfahrt dicht ist? Immerhin: Die Autobahn mit den 120 000 Fahrzeugen pro Tag ist eine der wichtigsten Nord-Süd-Trassen in Deutschland.

Eichler betont: „Wir sprechen aber nicht von Entlassungen.“ Der Autohof beschäftigt derzeit 22 Mitarbeiter. Übrigens: Dass Eichler von der Baumaßnahme überhaupt weiß, ist einem Artikel in der MZ zu verdanken. Offiziell informiert hat ihn keiner.

In der Chefetage von Calyxo in der Sonnenallee von Thalheim rechnet man mit vielem - nur nicht damit, dass das nächste halbe Jahr reibungslos läuft. „Für uns ist das kein kleines Problem“, sagt Stefanie Gilke, Mitarbeiterin für Marketing und Verkauf beim Hersteller von speziellen Dünnschicht-Solarmodulen. Allein 70 von 175 Mitarbeitern sind Pendler. Doch fürchtet das Unternehmen auch noch anderes: „Wir sind zeitlich mit den Ladezeiten nicht mehr so flexibel. Ein rechtzeitiges Be- und Entladen ist so zum Beispiel nicht mehr gewährleistet und muss zukünftig auch in die Planung für reibungslose Produktionsabläufe mit einbezogen werden.“ Nicht nur das. Der große Vorteil, in der Region Halle/Leipzig angesiedelt zu sein - in Flughafennähe und mit sehr guter Anbindung zur A 9 und zur A 14 -, genau das wird jetzt zu einer Schwierigkeit. Vor allem die internationalen Kunden von Calyxo, befürchtet die Geschäftsleitung, werden das spüren. Denn: „Ein Besuch vor Ort wird dann umständlicher sein.“

Außmaß noch nicht abschätzbar

Aus allen Wolken fällt Thomas Günther, Sprecher des Automobilzulieferers HKR Seuffer. „Ich höre jetzt erstmals von der geplanten Sperrung. Das wird auch für uns mit sehr vielen Unannehmlichkeiten verbunden sein - deutlichen Umwegen zum Beispiel.“

Betroffen sind auch die Werkstätten der Diakonie, in denen behinderte Menschen für verschiedene Firmen Lohnarbeit machen. „Ich selbst kann das Ausmaß noch nicht abschätzen“, meint Bernd Rothe, pädagogischer Vorstand des Trägervereins. „Besucher, Gäste und natürlich Zulieferer reisen von der A 9 zu uns in den Q-Park. Das wird nach dem geplanten Baubeginn komplizierter und zeitaufwändiger“, schätzt Rothe. Er sieht aber noch eine andere „Baustelle“ - die Baustelle Altkreis Bitterfeld. Neben der A 9 werden noch andere Strecken in diesem Jahr saniert. All die Maßnahmen zeitgleich durchzuführen, sei nicht im Sinne der Verkehrsteilnehmer.

Ein Horror sind Autobahnbaustellen speziell für Lkw-Fahrer. Das weiß Jutta Otto, Prokuristin der Rosner Logistik mit Sitz im Gewerbegebiet Heideloh. „Sicher ist es für unsere Fahrer ein Umweg, den sie in Richtung Berlin fahren müssen“, meint sie. „Viel schlimmer ist die Informationspolitik der Landestraßenbaubehörde“, sagt sie und macht ihrem Ärger Luft. „Wäre nicht der Betreiber des Autohofes zu mir gekommen, hätte ich von der ganzen Sache nichts mitgekriegt.“ Das Problem schließlich betrifft nicht nur ihre Firma, sondern alle Ansiedler im Gewerbegebiet, weiß sie aus Gesprächen mit Kollegen.

Hanwha Q Cells indes nimmt es gelassen. Das Unternehmen, sagt dessen Sprecher Jochen Endle, informiert die Mitarbeiter nochmals über Einschränkungen und Ausweichrouten. „Auch mit unseren Lieferanten werden wir diese Information rechtzeitig teilen. Insofern sollte jeder in der Lage sein, sich auf etwas längere Anfahrtszeiten einzustellen.“ (mz/red)