Friedhöfe in Bitterfeld-Wolfen Friedhöfe in Bitterfeld-Wolfen: Bald gemeinsame Bestattungen von Mensch und Tier?

Bitterfeld - Wenn das Haustier stirbt, stirbt für viel Menschen nicht einfach nur ein Tier. Es ist der Abschied von einem geliebten Familienmitglied, von einem treuen Begleiter. Der Tod von Hund, Katze oder Meerschwein kann tiefe Trauer auslösen. Gerade für Senioren ist das Haustier oft eine Hilfe gegen die Einsamkeit im Alter.
Um dem Verlust zu begegnen, entwickelt sich bereits seit einigen Jahren ein Trend in der Trauerkultur - Tierbestattungen. Und sogar ein Grab gemeinsam mit dem Vierbeiner könnte bald möglich werden. Bitterfeld-Wolfen plant, sogenannte Mensch-Tier-Bestattungen zuzulassen.
„Wir haben diese Möglichkeit in unserem Friedhofskonzept bereits vorgesehen“, erklärt Mario Schulze, der Sachbereichsleiter für öffentliche Anlagen in der Stadt. Ein kleines Gräberfeld soll für diese besonderen Ruhestätten auf dem Bitterfelder Friedhof eingerichtet werden. Und das, obwohl die Grabflächen auf den neun Friedhöfen der Stadt langfristig um ein Drittel schrumpfen sollen, wie Schulze sagt. Das sei wegen des Bevölkerungsrückgangs nötig. Die Stadt will auch Kosten sparen.
Das Interesse an einer offenen Art des Umgangs mit der Trauer ist groß
Bis aber das erste Bitterfelder Mensch-Tier-Grab ausgehoben wird, dürfte es noch einige Monate dauern. Schulze weist darauf hin, dass zunächst die Friedhofsatzung der Stadt geändert werden müsste. Dafür sind die Gremien des Stadtrates zuständig. Nach MZ-Informationen könnten die ersten Schritte dafür in diesem Jahr getan werden. Im kommenden Jahr könnte dann der Weg frei gemacht werden, falls die Abgeordneten mehrheitlich dafür stimmen.
Das Interesse an einer offenen Art des Umgangs mit der Trauer ist jedenfalls groß. Das sagt auch Grit Bürger vom Tierheim Bitterfeld, wo es seit vielen Jahren einen Tierfriedhof gibt. „Die Nachfrage nach Tierbestattungen steigt, das spüren wir ganz deutlich.“
Am Tierheim können Kleintiere sowie Hunde und Katzen in einem individuell gestalteten Grab bestattet werden. „Wir beobachten, dass es vielen Menschen hilft, einen ruhigen Ort zur Verarbeitung der Trauer zu haben“, so Bürger. Am Tierheim werden die Tiere als Erdbestattung in mindestens 80 Zentimetern Tiefe zur Ruhe gelegt. Bei einer Mensch-Tier-Bestattung ginge das allerdings nicht, hier wären Urnen Pflicht.
Stadt Aschersleben hat erste Erfahrungen mit dieser Art der Friedhofskultur gesammelt
In Sachsen-Anhalt hat die Stadt Aschersleben die ersten Erfahrungen mit dieser Art der Friedhofskultur gesammelt. Dort sind seit 2016 Mensch-Tier-Bestattungen möglich. Belegt sind aber erst zwei von 20 möglichen Gräbern. Holger Dietrich ist in Aschersleben Chef der Friedhofsverwaltung und sieht die Chancen und Probleme aus der dreijährigen Praxis: „Das Interesse ist groß, aber die Umsetzung ist nicht ganz einfach.“
Die Grabpflege ist in Aschersleben nämlich nicht inbegriffen, was „ein Handicap“ sei, wie Dietrich sagt. Zuständig seien also Angehörige. Sind die nicht da oder weit weg, komme ein Grab gemeinsam mit dem Haustier oft nicht mehr infrage. Teurer als in einem normalen Urnengrab ist eine Mensch-Tier-Bestattung in Aschersleben übrigens nicht. Trotzdem müssen sich Interessenten auf hohe Kosten einstellen.
Bevölkerung ist hinsichtlich gemeinsamer Bestattungen von Menschen und Tieren tief gespalten
Denn für das Einäschern in einem Tierkrematorium werden je nach Größe und Gewicht zwischen 100 und 500 Euro fällig. Die Asche darf dann mit nach Hause genommen werden. In Bitterfeld würde im Todesfall nach jetzigen Plänen die Asche als Grabbeigabe beigesetzt werden. Für die Organisation wären dann ebenso die Angehörigen zuständig - ein wunder Punkt.
Denn die Bevölkerung ist hinsichtlich gemeinsamer Bestattungen von Menschen und Tieren tief gespalten, wie eine repräsentative Umfrage der AeternitasVerbraucherinitiative für Bestattungskultur aus dem Jahr 2016 zeigt. 49 Prozent sprachen sich dabei für gemeinsame Bestattungen aus, 48 Prozent dagegen (siehe Grafik). Auffallend ist dabei, dass vor allem Jüngere mit 69 Prozent mehrheitlich zu den Befürwortern zählen, bei Älteren ab 60 Jahren ist mit 72 Prozent die Ablehnung dagegen stark ausgeprägt - ein Wandel ist also eine Frage der Zeit. (mz)