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Frau der Woche Frau der Woche: Die gute Seele von Station II

Von Corinna Nitz 09.08.2002, 16:20

Wittenberg/MZ. - Es gibt kaum einen Wunsch, den Beate Horn nicht erfüllen kann. Ist es draußen heiß und eine Patientin bekommt Appetit auf Eis: für Beate Horn kein Problem. "Dann gehe ich los und kauf eins." Jemand möchte Kaffee mit Sahne. Frau Horn organisiert beides. Immer voraus gesetzt, die Stationsleitung hat aus medizinischer Sicht keine Bedenken gegen Gelüste dieser Art. Sicherheit geht vor, auch für Beate Horn. Die zierliche Frau mit dem scheuen Blick arbeitet als Ehrenamtliche im Wittenberger Paul-Gerhardt-Stift. "Ich mache gerne etwas Sinnvolles, und von den Leuten hier bekomme ich viel zurück", begründet sie dieses Engagement.

Ihr Revier ist die Innere II, mit zwölf Zimmern eine verhältnismäßig große Station. Das weiß auch Beate Horn, die, wenn sie da ist, eine Stippvisite in jedem Zimmer macht. Manchmal ist nur das Wasser in den Blumenvasen auszuwechseln. Oder ein Tischtuch. "Das hilft uns schon sehr, wenn wir mal nicht sofort dazu kommen", betont Stationsschwester Gudrun Pabst. Ein anderes Mal wollen sich die Patienten einfach nur unterhalten. "Manche haben keine Angehörigen", weiß Frau Horn. Bei denen verweilt sie gern länger. Und es hat auch schon ein Weihnachtsfest gegeben, da ist die 39-Jährige mit drei Büchern in die Klinik gegangen und hat den Kranken, die nicht beurlaubt werden konnten, vorgelesen. Und sie wird nicht müde zu betonen, "dass das Schönste die Freude der Patienten ist".

Hilke Kemnitz, Pfarrerin und Seelsorgerin im Stift, weiß, dass diese Hingabe eine Grundvoraussetzung für die Arbeit eines jeden Ehrenamtlichen ist. Die Bereitschaft, sich auf die speziellen Bedürfnisse und Befindlichkeiten der Kranken einzulassen, kommt in einer Klinik jedoch noch dazu. Um Menschen wie Beate Horn auf ihre Arbeit einzustimmen, wird ihnen von der Theologin immer auch eine Begleitung am Anfang angeboten. Nicht zu vergessen die Gespräche vorab, "bei denen wir versuchen, die Motivation für die ehrenamtliche Arbeit heraus zu finden".

Bei Beate Horn ist dies ganz eindeutig der Wunsch, "etwas mit und für Menschen zu tun". Sie lächelt: "Ich habe früh meine soziale Ader entdeckt." Und die lebt die gelernte Zootechnikerin, die später zur Industriekauffrau umschulte, zurzeit aber nicht in Lohn und Brot steht, nun im Paul-Gerhardt-Stift aus. Die Patienten freut''s. Da ist Edith Noth, die gerade eine Magenspiegelung hinter sich hat und noch ein bisschen benommen wirkt. "Ich finde Frau Horns Engagement sehr schön", sagt sie, lobt deren Umsicht und überlegt, was sie sich heute mitbringen lassen könnte. Später wird sie vielleicht ein Mineralwasser nehmen.

Ein paar Zimmer weiter liegen Männer auf der Inneren II. "Die bestellen sich meistens die Bild-Zeitung", erklärt Beate Horn und öffnet die Tür einen Spalt breit. Heute wird sie wohl keine Zeitung kaufen müssen: alle schlafen. Leise zieht sich Beate Horn zurück. Und dann stößt sie das erste Mal an diesem Tag doch an ihre Grenzen. In einem Drei-Bett-Zimmer liegt Ursula Koch, eine neue Patientin, die überrascht ist von Beate Horns Engagement. Sie sagt halb ernst, halb scherzend: "Ich möchte bald gesund werden." Ein Wunsch, den ihr auch die hilfsbereite und umsichtige Beate Horn nicht erfüllen kann.