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Was Besucher und Politiker sagen Festival „Osten“ in Wolfen ist vorbei: Wie war das dritte und letzte Wochenende?

Mit einem dritten Wochenende voller Kunst, Kultur und Debatten ist das zweite Festival „Osten“ in Wolfen zu Ende gegangen. Es gab hohen Besuch, Bagger auf dem Feld und großes Interesse.

Von Robert Martin Aktualisiert: 20.06.2024, 13:58
Auch am dritten Wochenende war die alte Wolfener Feuerwache bis spät in den Abend gut besucht. „Fragen fragen“ war wie immer das Motto.
Auch am dritten Wochenende war die alte Wolfener Feuerwache bis spät in den Abend gut besucht. „Fragen fragen“ war wie immer das Motto. (Foto: Falk Wenzel)

Wolfen/MZ. - Mütter fahren Bagger auf einem Feld. Punkmusiker spielen in der Feuerwache. Kinder sausen zum hundertsten Mal die Wasserrutsche herunter. Menschen sind nachdenklich in einen Vortrag zur dunklen Geschichte des Rathauses vertieft. Besucher vertiefen sich in die Betrachtung unzähliger Exponate. Die Bandbreite an Eindrücken, die der geneigte Festivalgast rund um die Wolfener Feuerwache mitnehmen konnte, ist groß, keine Frage. Das war auch in den vergangenen Tagen nicht anders.

Die Performance „Baggern“ war für viele Besucher ein Highlight.
Die Performance „Baggern“ war für viele Besucher ein Highlight.
(Foto: Falk Wenzel)

Nun ist das dritte und letzte Wochenende des Festivals „Osten“ Geschichte und damit auch die zweite Ausgabe der Veranstaltung, die 2022 rund um den Bitterfelder Kulturpalast stattfand, überregional Aufsehen erregte und Bitterfeld-Wolfen auf die Landkarte von Kreativen, Kunstinteressierten und Kulturförderern katapultierte.

Die Frage nach der Zukunft

Das dritte Wochenende stellte thematisch eine große Frage: Die nach der Zukunft. Welche Rolle spielt Kunst in Zeiten zunehmender politischer Spannungen und wie lässt sich der Weg von hier aus gemeinsam gestalten? Eröffnet wurde das Programm am Freitagnachmittag mit dem Besuch von Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra (CDU), der nicht nur lobende Worte aus Magdeburg mitbrachte, sondern auch einen Bogen spannte.

„Bei uns, und das ist ja auch einer der Hintergründe für das Festival ’Osten’, steht der Strukturwandel an, gerade auch im Landkreis Anhalt-Bitterfeld.“ Viele Projekte, die dadurch auch gefördert werden, könnten dabei helfen, „die gegenwärtige Lage in eine hoffnungsvolle Zukunft zu wenden“, so Robra. Es freue ihn, zu sehen, „dass hier nicht nur die junge Generation vertreten ist, sondern ebenso Bürger von hier und Besucher, die hergekommen sind, um sich vielleicht mitreißen zu lassen von alledem, was hier geschieht.“

Staatsminister und Minister für Kultur Rainer Robra würdigte die Bedeutung des Wolfener Festivals.
Staatsminister und Minister für Kultur Rainer Robra würdigte die Bedeutung des Wolfener Festivals.
(Foto: Robert Martin)

Robras war nicht der einzige hohe Besuch in den vergangenen Tagen. Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) war es offensichtlich ein Anliegen, das Festival zu besuchen. Über eine Stunde nahm sie sich Zeit für einen Rundgang, stellte viele Fragen. Auch die Berliner Bundesministerin hatte offenbar von der Kritik am Festival gehört, die sich vorletzte Woche an Molotov-Cocktail-Atrappen und einem Hakenkreuz auf einem Foto entzündete.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (l.) im Gespräch mit „Osten“-Kuratorin Anne Diestelkamp
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (l.) im Gespräch mit „Osten“-Kuratorin Anne Diestelkamp
(Foto: Robert Martin)

„Wir können Diskurs und Streit, wenn wir Fortschritt haben wollen, nicht ausblenden“, fand Lemke und erinnerte an ein Beispiel aus der näheren Umgebung, aus Dessau. „Als das Bauhaus-Museum gebaut worden ist, gab eine Auseinandersetzung in der Stadtgesellschaft, die sich gewaschen hatte. Und ich würde sagen: Es ist gut, dass es das gegeben hat“, sagte die Dessauerin.

Großes Interesse unter Besuchern löst auch das Bildarchiv aus, das aus privaten Fotos entsteht.
Großes Interesse unter Besuchern löst auch das Bildarchiv aus, das aus privaten Fotos entsteht.
(Foto: Robert Martin)

Und auch, wenn es für ein Fazit noch ein wenig zu früh sein mag: Die Frage, ob sich die avantgardistische, verspielte, mutige und auch provokante Umsetzung eines Kunst- und Kulturfestivals von Kreativen aus Berlin, Halle und Leipzig in Bitterfeld-Wolfen mit der Lebenswirklichkeit von Menschen, die hier leben, vereinbaren lässt, bleibt und wird sicherlich auch eine mögliche dritte Ausgabe des Festivals mitbestimmen. Doch wer an Veranstaltungen und Führungen teilnahm, aufmerksam über das Gelände lief und nicht nur mit Politikern, sondern auch mit Besuchern sprach, dem eröffneten sich vielfältige Perspektiven.

Was sagen die Besucher?

Etwa die von Hannelore Stein aus Wolfen. Sie ist Mitglied im Malverein „Neue Schenke“ und hat schon viele Wochen vor Festivalbeginn mitgewirkt. „Ich nehme es wahr“, sagte sie zum Festival und fügte an: „Ich freue mich, dass hier endlich mal was ist. Das ist ja weniger geworden, vor allem für junge Leute. Ich finde es gut. Ich finde es wirklich gut“, lobte sie. Ihre Perspektive verdeutlich nicht zuletzt auch, wie viele Menschen aus der Region am Festival mitgewirkt haben.

Das merken auch diejenigen, die zum ersten Mal vor Ort sind. Jona Winter und Leonard Pitz sind Studenten aus Leipzig und Halle und interessieren sich für Kunst, aber nicht nur das. „Ich finde das total spannend, was Leute von außerhalb mit Menschen von hier auf die Beine stellen“, so Winter. Das macht offenbar Interesse auf mehr. „Es gibt echt viel zu entdecken“, fand Pitz. „Wenn uns nachher noch Zeit bleibt, wollen wir uns noch Wolfen-Nord anschauen, auch wenn das nicht direkt Teil des Festivals ist.“