"Eine Rettung ist möglich" "Eine Rettung ist möglich": Insolvenzverwalterin widerspricht Landkreis Anhalt-Bitterfeld bei B&A-Plänen

Wolfen/Halle - Der Plan der Kreisverwaltung, die B&A Strukturförderungsgesellschaft sterben zu lassen, schlägt hohe Wellen. Zwar hatte der Kreistag den Landrat beauftragt, den Fortbestand der B&A und ihrer Angebote durch die Neugründung einer Beschäftigungsgesellschaft zu sichern. Doch Uwe Schulze (CDU) will diesen Plan aufgeben. Das ruft die Insolvenzverwalterin Sabine von Stein-Lausnitz auf den Plan, die das Insolvenzverfahren der B&A führt. Sie übt massive Kritik am Antrag von Schulze und widerspricht dessen Behauptungen.
Die Gläubigerversammlung habe ihr im Dezember 2018 nicht ohne Grund die Zustimmung gegeben, die B&A noch ein Jahr weiterzuführen. „Das ist etwas Besonderes. Denn die Gläubiger haben davon nichts außer dem Risiko“, sagt von Stein-Lausnitz. In diesem einen Jahr sollte alles versucht werden, um eine Nachfolgegesellschaft zu gründen. „Denn die B&A ist eine tolle Gesellschaft. Es ist überflüssig, dass so eine Gesellschaft Pleite geht.“
Die vom Landrat beschworenen Risiken für eine neue Gesellschaft sehe sie überhaupt nicht. „Es gibt keine Risiken. Und eine Nachfolgegesellschaft hätte auch keine Insolvenzgefahr.“
„Was jetzt mit der B&A und ihrem Vermächtnis passiert, ist selbstgemachte Pein“
Dass die alte B&A überhaupt in Schieflage geriet, lastet sie unter anderem „einem inkompetenten Geschäftsführer“ an. Auch die KomBA habe eine unrühmliche Rolle gespielt. „Nachdem sie sich zum 1. Januar 2018 als Gesellschafter der B&A zurückzog und der Kreis die Anteile übernahm, hat die KomBA keine einzige Maßnahme mehr für die B&A bewilligt.“
Das sei völlig unverständlich, zumal die KomBA auch eine 100-prozentige Gesellschaft des Kreises ist. „Was jetzt mit der B&A und ihrem Vermächtnis passiert, ist selbstgemachte Pein.“
Auch Matthias Berger, Leiter Maßnahmen bei der B&A, ist von der Kehrtwende des Landkreises überrumpelt worden. „Hier sind einmalige Strukturen entstanden“, betont Berger (siehe „Vielfältige Aufgaben“).
Er wisse, dass der Landrat intensiv daran gearbeitet habe, diese Strukturen und Angebote zu erhalten. „Wir haben ein Konzept geschrieben, wie es weitergehen kann.“ Für ihn ist klar: „Wir brauchen einen kommunalen Träger wie die B&A.“ Er versteht nicht, wieso es dafür keine politische Mehrheit geben soll.
Matthias Berger sieht zwei Hauptvarianten, wie das Fiasko noch abzuwenden ist
Berger sieht zwei Hauptvarianten, wie das Fiasko noch abzuwenden ist: Der Kreistag lehnt Schulzes Antrag ab und beauftragt ihn, einen Gesellschaftervertrag für eine Nachfolgegesellschaft zu entwerfen. Variante zwei: Man spricht mit den Kommunen, ob man zusammen eine kommunale Gesellschaft gründet oder ob eine vorhandene wie die Stadtentwicklungsgesellschaft in Bitterfeld-Wolfen künftig die bisherigen Maßnahmen der B&A durchführt.
Landrat Uwe Schulze überzeugt das nicht. „Wir haben ja das eine Jahr genutzt und geprüft. Aber das Ergebnis ist leider, dass es nicht funktioniert.“ Das falle ihm nicht leicht, er hänge an der B&A. Aber zwei Abwicklungen - der BQP und der B&A - reichten ihm. Ohne Zuschüsse des Landkreises sei eine neue Gesellschaft nicht überlebensfähig.
Doch das heiß nicht, dass Maßnahmen wie Werkstätten, Sozialkaufhaus oder Gärten zum Jahresende einfach wegfallen. Das Jobcenter könne sie fortführen - als Träger müssten sich dann andere bewerben.
Insolvenzverwalterin Sabine von Stein-Lausnitz weiß nicht, was gegen eine neue Gesellschaft spricht
Sabine Stein-Lausnitz kann darüber nur den Kopf schütteln. „Ich weiß nicht, was gegen eine neue Gesellschaft spricht.“ Eine gGmbH zu gründen, dauere keine Woche. Man brauche nicht mal große Finanzmittel. Das Landesverwaltungsamt müsse zustimmen, doch der Antrag dafür sei ihres Wissens bereits gestellt. Der richtige Schritt wäre die Gründung einer neuen Gesellschaft und das Finden eines Geschäftsführers, der sich wirklich kümmert. Sie lobt die B&A-Mitarbeiter: „Das sind tolle Leute, die für ihre Aufgabe brennen.“ Eine Gesellschaft wie die unsere müsse sich sowas wie die B&A leisten können. „Wir haben eine Verpflichtung jenen Menschen gegenüber, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance haben.“ (mz)
Die B&A entstand in den 90er Jahren, um Menschen durch Beschäftigung oder Qualifizierung wieder an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen. Doch das gelingt nie für alle. Ihr Sozialbetrieb ermöglicht Menschen, die Handicaps haben, um auf den Arbeitsmarkt zu kommen, die Chance auf soziale Teilhabe und produktive Tätigkeit.
Aktiv ist die B&A nur noch im Altkreis Bitterfeld. Es gibt zwei Bereiche: die Schulsozialarbeit und den Sozialbetrieb mit derzeit rund 150 Teilnehmern. Zu letzterem gehören das Sozialkaufhaus und die Sozialwerkstätten in Wolfen, die Bildungsgärten in Wachtendorf und die Alltagsbewältigung in Krondorf. Ihr Zusammenspiel bietet einmalige Möglichkeiten.
Allein die 28 Werkstätten sind für mehr als hundert Vereine und Stiftungen tätig. Für den Verein der Märchenspieler Zscherndorf wurde nach einem Diebstahl die desolate Kutsche instand gesetzt. Im Schloss Zerbst wurden die historischen Gardinen aufgearbeitet und teils neu hergestellt. Für die Untere Naturschutzbehörde kontrollieren Maßnahmeteilnehmer das Fledermausquartier Muldenstein oder die Biberdämme vom Zörbiger Raum bis zur Dübener Heide.