«Die Elbe im Wandel der Jahrhunderte» «Die Elbe im Wandel der Jahrhunderte»: Deutliches Plädoyer für Fluss als Wasserstraße
Wittenberg/MZ. - Franz Rückert, der in der Piesteritzer Werft von Ernst Schütze beschäftigt war. 1915 stellte diese ihren Betrieb ein, die Arbeiter wandten sich dem Aufbau des Stickstoffwerkes zu. Dass in dem Wittenberger Vorort Schiffe, sogar ziemlich große wie der Lastkahn "Henny", gebaut wurden, daran erinnern heute nur noch Fotos und der Name der Straße, der in Piesteritz an die Uferstelle führt: Schiffbauerweg.
"Ohne die Elbe", das meint jedenfalls Karl Jüngel, von dem das Konzept der Ausstellung sowie die meisten Exponate stammen, "wäre auch Piesteritz nicht entstanden". Der Strom hat den Wandel in der Landschaft bewirkt, weil sich die Menschen ihn zunutze gemacht haben, als Nahrungsquelle durch die Fischerei, als Antrieb für Schiffsmühlen, zur Deckung des Industriewasser-Bedarfs; auch auch zur Erholung - früher gab es am Elbestrand einige Bäder. Vor allem aber durch die Nutzung der Elbe als Transportweg hat der Mensch wiederum den Fluss einem gravierenden Wandel unterzogen.
"Die Elbe ist längst kein naturbelassener Strom mehr", hält Jüngel all denen entgegen, die von der Erhaltung des Flusses als solchem sprechen und, so seine Lesart des Protestes gegen den Elbausbau, diesen "nur noch zum Paddeln und für die Fische haben möchten". Schon Ende des 19. Jahrhunderts, das belegt die historische Stromkarte in der Ausstellung, ist der Fluss begradigt, sind Buhnen angelegt worden.
Stau-Stufen. Und er sagt das, obwohl oder gerade weil er weiß, dass das für die Umweltschützer ein Reizwort ist. So ist die Ausstellung auch ein deutliches Plädoyer für die weitere Nutzung der Elbe als Wasserstraße. Das gebiete schon die Verpflichtung aus dem Wiener Kongress 1821, der die Elbe zum internationalen Gewässer erklärte und den Schiffern aus Böhmen freie Durchfahrt zu den Häfen an der Nordsee sicherte, meint der Klein-Wittenberger Elbeforscher. Doch auch im Hinblick auf die EU-Erweiterung "können wir doch nicht einfach sagen, wir machen die Elbe dicht".
Die Forderung, den Schiffbau der Elbe anzupassen, bezeichnet Jüngel als "absoluten Quatsch" und das in der Roßlauer Schiffswerft entwickelte flachgehende Binnenschiff (Flabi) als "eine Luftnummer". Weil es, so Jüngel, schon solche Schiffe gebe: Die in den 80er Jahren in der DDR entwickelten und auch eingesetzten Schubeinheiten hätten einen geringen Tiefgang bei optimaler Ladefähigkeit.
Die Geschichte der Elbschifffahrt nimmt den größten Komplex in der Schau ein, dargestellt an zahlreichen Karten, Fotos und Dokumenten, so zum Beispiel das Fahrtenbuch des Bootsmanns Otto Mucke, und auch einigen Schiffsmodellen, gebaut von Harald Weisner aus Coswig.
"Wir wissen, dass die Elbe sauberer geworden ist, aber viel mehr wissen wir von dem Fluss nicht", sagte Evamaria Hänisch, die Vorsitzende des veranstaltenden Vereins "Herbstzeit" zur Eröffnung der Schau. Dazu lernen können die Besucher eine ganze Menge. Zum Beispiel, was ein Bomätscher ist.
Die Ausstellung im Torhaus Piesteritz, Gartenweg 23-24 a, ist montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr und sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Weitere Informationen beim Verein Herbstzeit, Telefonnummer 03491/612042.