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Delphin-Therapie Delphin-Therapie: Nicky half kleinem Tobias

Von Iris Lademann 28.06.2002, 15:35

Wolfen/MZ. - "Es ist so schön, dass man sich mit Tobias jetzt unterhalten kann", sagt über das ganze Gesicht strahlend Thomas Ortlepp, Vater des behinderten Wolfener Jungen, der im April in Florida/ USA zu einer Therapie mit Delphinen weilte. "Er kann jetzt Symbole deuten und sprachlich widergeben, kann Wünsche äußern, auf Fragen reagieren und einfache Handlungen ausführen", sprudelt es aus Thomas Ortlepp nur so heraus. Aus bis dahin nur einzelnen Lauten könne Tobias jetzt drei bis vier Wortsätze bilden.

Auch körperlich seien die Therapieerfolge deutlich sichtbar. Tobias gelinge jetzt sogar der so genannte Vierfüßlerstand. "Das heißt", erklärt Birgit Ortlepp, "dass er sich auf Händen und Füßen gleichzeitig fortbewegen kann." Vor der Therapie sei daran gar nicht zu denken gewesen. Außerdem erlebe Familie Ortlepp, zu der noch das zweijährige Nesthäkchen Theresa gehört, ihren Sohn jetzt viel interessierter.

Nicht in ihren kühnsten Träumen habe sich das Ehepaar vorstellen können, dass durch eine 14-tägige Therapie in den warmen Fluten des Atlantik von Key Largo ein so durchschlagender und für alle sichtbarer körperlicher und motorischer Fortschritt erzielt werden konnte. "Wir hatten zwar schon viel über die Erfolge durch die Delphin-Therapie gehört und gelesen", blickt Thomas Ortlepp zurück, "aber so richtig glauben kann man es erst, wenn man es selbst sieht."

Tobias ist eine Frühgeburt mit einem Hirntrauma und hat in seinem kleinen Leben schon sehr viel durchgemacht. Ganze 720 Gramm brachte er zur Geburt auf die Waage und lag neun Monate auf der Frühgeborenen-Station. Hoffen und Bangen lagen immer dicht beieinander. Obwohl die Ortlepps alles Menschenmögliche, was Tobias helfen könnte, in ein relativ normales Leben zu finden, getan haben, waren es gegenüber der Delphin-Therapie nur kleine Schritte.

Über das Internet und persönliche Kontakte sei Thomas Ortlepp auf das Projekt aufmerksam geworden. Da es für diese Therapie noch zu wenig Beweise für die Wirksamkeit gibt, zögern deutsche Ärzte auch, sie zu verordnen, erklärt Thomas Ortlepp. Wer sein Kind dennoch behandeln lassen möchte, muss für eine zweiwöchige Therapie in Amerika 15 000 Euro aufbringen. Deshalb war Familie Ortlepp auch auf finanzielle Hilfe angewiesen. Sie begann ganz klein und verselbständigte sich plötzlich. "Wir helfen Tobias", unter diesem Motto startete nicht nur eine große Aktion zum Wolfener Vereins- und Familienfest im vergangenen Jahr, eine Weihnachtsgala im Kulturhaus, sondern sie lief auch über verschiedene Medien im Kreis. Die Fußballschule René Tretschok organisierte ein Straßenfest.

Mit weiteren Spenden von Firmen und Unternehmen - auch über den Landkreis hinaus - war es dann geschafft. Für Ortlepps standen im Flieger nach Amerika vier Plätze zur Verfügung. "Vom Land selbst gesehen haben wir gar nichts", erklärt der Vater. "Das war uns auch nicht wichtig. Wir wollten ja keinen Urlaub machen." Zwischen Delphin Nicky und Tobias habe es sofort gestimmt. "Es ist erstaunlich", sinniert er, "wie sanft und sensibel die Tiere auf die Bedürfnisse des Kindes reagieren und Lernprozesse in Gang setzen."

Jetzt bestehe sogar die berechtigte Hoffnung, dass Tobias in eine Körperbehinderteneinrichtung eingeschult werden könne. Trotzdem, so hieß es, sei eine zweite Behandlung ratsam. Doch diese kostet wieder 15 000 Euro.