City in Wolfen City in Wolfen: "Wir bleiben für immer jung"

wolfen/MZ - „Hallo Gemeinde“, ruft City-Frontmann Toni Krahl in den Saal des Wolfener Kulturhauses und bekommt schon am Anfang einen herzlichen Applaus. „Es ist zwar nicht ganz voll heute, aber wir spielen euch trotzdem unser volles Programm.“ Damit meint er neben den Titeln der neuen CD „Für immer jung“ und „Danke Engel“ auch die altbekannten Titel wie „Casablanca“ oder „Wand an Wand“. Natürlich darf der Megahit der Band aus dem Jahr 1977 „Am Fenster“ nicht fehlen.
Es ist am Sonnabend ein Konzert, das schon fast einen familiären und gemütlichen Rahmen hat. Handgemachte Musik, ein stimmungsvolles aber nicht überladenes Bühnenbild und eine Musik, die dem Gast Zeit lässt, sich in die Vergangenheit zurückzuversetzen. In eine Zeit, in der viele zum ersten Mal mit Beatmusik in der DDR in Berührung kamen. Es ist an diesem Abend aber nicht nur die Generation der Akteure auf der Bühne selbst im Saal - immerhin kann Gitarrist Fritz Ruppel in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feiern -, es sind auch viele Jüngere gekommen, die von der Art der fünf Vollblutmusiker begeistern sind. „Es sind die Musik und vor allem die Texte, die mich an dieser Band begeistern“, sagt Gerhard Wirtz, der extra aus Dessau zum Konzert nach Wolfen gekommen ist. „Es ist einfach eindrucksvoll und hörenswert“, so sein Kommentar.
Platz für Gespräche
Für Toni Krahl und seine Männer war und ist es wichtig, den Kontakt zum Publikum im Saal zu halten. „Es ist hier nicht so riesig und unüberschaubar“, sagt Krahl. Da könne man schon mal mit dem einen oder anderen reden. Sogar einen gemeinsamen Song stimmen die Musiker mit den Gästen an. Und wenn man bei „Sag mir wo die Blumen sind“ die sprichwörtliche Stecknadel im Raum hätte fallen hören können, beweist das die Empfindungen, die Krahl und Männer von der Bühne transportieren.
Gern erinnert sich Krahl auch an die legendären Ostrock-Konzerte. „Wenn das Dreigestirn auf der Bühne stand, dann kochte der Saal.“ Mit Dreigestirn meint er die Puhdys, Karat und natürlich City. Nachdem das abgeklungen sei, habe man einen Neuanfang gewagt und auch gewonnen. „Ab 2014 spielen wir für die nächsten fünfzig Jahre wieder die beliebten und bekannten Titel“, gibt sich der heute 65-Jährige optimistisch.
Im Oktober 1971 fanden die ersten Proben im Probenstudio der Volksbühne am Marx-Engels-Platz in Berlin und später im Köpenicker Artur-Becker-Club statt. Am 3. Februar 1972 dann gab es den ersten City–Abend. Zehn Jahre später, im Dezember 1982, kam es zum Bruch und zum erstmaligen Aus für City als Band. Und wieder ein Jahrzehnt später standen die Musiker um Legende Toni Krahl erneut auf den Brettern, die für sie die Welt bedeuten.
So ist es bis heute geblieben.In der Besetzung Toni Krahl (Gesang, Gitarre), Fritz Puppel (Gitarre), Georgo Gogow (Bass, Geige), Klaus Selmke (Schlagzeug) und Manfred Hennig (Keybord) touren die fünf gestandenen Männer derzeit durch die Lande. City - das ist ja nicht nur eine Band. City – das ist Kulturgeschichte. Deutsche Kulturgeschichte. City hat drei Deutschlands erlebt und in seinen Songs abgebildet: Die DDR als Heimat, die BRD als Gastspielreiseland – und nun, friedlich und mit Nachdruck zusammengezimmert, die „BRDDR“, wie die Band es nennt.
„Wir als Band betrachten uns immer als Spiegel der Gesellschaft oder der Umgebung, in der wir auftreten.“ Damals wie heute gilt: „Wir haben immer versucht, die Themen aufzugreifen, die bewegen. Kleine Wahrheiten mussten wir in den Texten verstecken, wo zwischen den Zeilen lesbar wurde, was wir meinten“, sagt Toni Krahl. „Danke Engel“ ist der Name der neuen CD/DVD und der Tour, mit der die Männer die Bühnen rocken.
Nun lassen sich die Vollblut-Musiker um Toni Krahl aber nicht nur auf ihre früheren Titel reduzieren. Sicher werde manch alter Titel neu abgemischt und eingespielt, weiß er, aber auch neue Stücke finden beim Publikum Gefallen. City steht für Musik, die erinnert und gleichzeitig auch aufrüttelt. Mit „Tamara“, in Erinnerung an die 1996 gestorbene Frontfrau der Gruppe Silly, erzeugt Toni von der Bühne herab ein Gänsehautgefühl und gibt seine eigenen Empfindungen preis. Das kommt an beim Publikum. Genauso wie die vielen Begebenheiten, die Krahl im Laufe des Konzertes zum Besten gibt.
Gruß an die Geheimdienste
Unter lautem Beifall beschreibt er die nicht enden wollenden musikalischen Stücke des Geigers Georgi Gogow. „Wir haben das alles mal so zusammengemixt und daraus einen Titel hergestellt - Letscho heißt der“, sagt er lachend, bevor Geiger und Bassist Georgi Gogow zu einem exzellenten Solo auf der Bassgitarre ansetzt. „Auch einen Titel für die Geheimdienste haben wir komponiert“, fügt er an. „Deutsch, Russisch und Englisch - es ist alles vertreten. Da können die sich was raussuchen.“
Für Toni Krahl und seine Männer sind die Bühnen ihre Heimat. Über vierzig Jahre stehen sie in wechselnden Besetzungen vor ihrem Publikum. Sie sind Perfektionisten, die nichts dem Zufall überlassen. Aus diesem Grund sei man auch schon rechtzeitig im Wolfener Kulturhaus gewesen, sagen die Männer. Die Technik muss stimmen, der Ton, das Licht und die Bühne. „Erst dann kann der Auftritt beginnen“, weiß Toni Krahl. Dann sei auch Zeit, sich mit dem Publikum zu beschäftigen.