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Bitterfeld Bitterfeld: Fehlalarm und Dammbruch

Von kathleen Bendick 13.08.2012, 17:19

Bitterfeld/Pouch/MZ. - Am Abend zuvor, am 15. August 2002, war der Damm bei Löbnitz gebrochen. Pfeilschnell schoss braunes Wasser in die Goitzsche. Bis zu zehn Meter tief hatte sich das Wasser in den Boden gegraben. 500 Kubikmeter pro Sekunde strömten in den ehemaligen Tagebau. Das Loch, aus dem gemächlich ein See wachsen sollte, wurde zur Bedrohung der Ortsteile von Bitterfeld.

Hektik

Damit begannen die wirklich schweren Stunden. Einen Tag zuvor hat es einen Fehlalarm gegeben. "Bitterfeld muss evakuiert werden", glaubten viele und verließen die Stadt. Hektik herrschte. Im Krisenstab wuchs die Sorge, dass auch im Krisenfall die Lage für einen Irrtum gehalten wird. Und dann war die Krise auch schon da.

Und mit ihr die Helfer. Doch weil die Situation unklar war, packte jeder einfach irgendwo an. "Es war wirklich warm. Die Sonne hat gebrannt, wir haben geschippt und Sandsäcke gefüllt", sagt Feustel. Jeder um ihn herum mit dem gleichen Ziel: Das Wasser stoppen. "Aber irgendwie konnten wir damals nicht so recht erkennen, ob wir wirklich was ausrichten."

Doch es gelang ihnen. Rund 8 000 Helfer haben den Altkreis vor dem Schlimmsten bewahrt. 1 400 Helfer schickte der Landkreis, 400 kamen von Feuerwehren aus Sachsen-Anhalt, 700 von Feuerwehren der Bundesländer. Die Bundeswehr schickte 1 500 Soldaten und Offiziere zum Einsatz.

Das Technische Hilfswerk und andere Hilfsorganisationen unterstützten insgesamt mit rund 900 Mann. Freiwillig kamen gut 3 000 Helfer aus dem ganzen Bundesgebiet. Insgesamt drei Millionen Sandsäcke verbauten sie im Altkreis Bitterfeld. Abgefüllt an den Sammelstationen. "Und dann wurden unsere Säcke von den Hubschraubern der Bundeswehr eingesammelt", erinnert sich der Helfer aus Leipzig.

38 Millionen Euro Schaden

An der Infrastruktur des Landkreises entstand laut Udo Pawelczyk, Sprecher des Landkreises, ein Schaden von 38 Millionen Euro. 2 558 Gebäude wurden beschädigt, davon 42 öffentliche Gebäude. Mit den Millionen Sandsäcken entstand ein Wall am Stadion an der Goitzsche, der seinerzeit als "Achtes Weltwunder" betitelt wurde. Am Damm selbst gruben Bagger, lenkten das Wasser um. Heute erinnert die blaue Fluthelferbank an die vielen Freiwilligen, die damals in der Not halfen. Jan Feustel aus Leipzig kann seinen Namen darauf nicht entdecken. "Darauf kommt es aber nicht an", ist er sicher. Geholfen zu haben, in der Not Menschen nicht allein zu lassen, das ist dem Leipziger wichtig.

An 1 001 Antragsteller wurden im Nachgang 29 Millionen Euro Fluthilfemittel ausgezahlt. Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld investierte das Land 55 Millionen Euro in die Sanierung der Deiche.