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Bitterfeld Bitterfeld: Die gute alte «Irene» wird fit gemacht für die neue Zeit

Von DETMAR OPPENKOWSKI 04.02.2011, 17:32

BITTERFELD/MZ. - Den Namen Schneider gibt es wie Sand am Meer. Doch spricht man in der Bitterfelder Burgstraße diesen Namen aus, wissen viele, wer gemeint ist. Denn Familie Schneider betreibt hier seit 1913 das "Irene Fahrradhaus". Aber eigentlich sagen alle nur "Fahrrad Schneider". Karl Max, Max Kurt und Max Dieter - so lautet die Traditionslinie der Familie Schneider. Nun gesellen sich in vierter Generation auch Matthias und Ronny hinzu. Nicht als Fahrradmonteure, sondern als Hausrestauratoren.

Bereits im vergangenen Jahr haben sich die beiden Brüder entschlossen, die Wohnungen über dem Fahrradladen sanieren zu lassen. Dafür investieren sie neben ihrer regulären Arbeit viel Zeit. "Wir haben hier selbst mit Hand angelegt und ausgerümpelt." Und natürlich investieren sich auch viel Geld. Über Zahlen möchte man nicht sprechen. "Aber unser Ziel ist, den Glanz vergangener Tage bis zum Sommer dieses Jahres wieder erstrahlen zu lassen", sagt Ronny Schneider und zeigt auf ein Schwarz-Weiß-Foto. Es stammt - so die Schätzung - aus den 40er Jahren und zeigt Karl Max Schneider vor dem Geschäft. "Damals war das hier noch keine verkehrsberuhigte Zone, sondern hier verlief eine Straße und das Geschäft war ein großer Kaufladen, in dem es vieles gab. Man spürt - schaut man auf das Foto - das Flair dieser Zeit."

Dass diese Zeit schon lange vergangen ist, weiß man. Dass die Zeit aber auch ihre Spuren hinterlassen hat, sieht man dem Gebäude momentan noch an. "Das Dach wurde zwar in den 90er Jahren noch einmal gemacht, doch die Wohnungen standen seither leer." 20 Jahre lang. So wie viele Häuser hier. Und sicherlich hat auch das dazu beigetragen, dass die Bitterfelder Innenstadt den Ruf hat, den sie nun einmal hat. Doch das schreckt Ronny Schneider nicht ab. "Mit Unterstützung des Denkmalschutzes und der Stadt werden wir dieses alte ehrwürdige Haus optisch wieder zu dem machen, was es einmal war und sicherlich tut das auch der Innenstadtbelebung gut."

Dass der 31-Jährige so etwas nicht nur sagt, sondern daran glaubt, kann man daran fest machen, dass er - obwohl er in Halle arbeitet - bereits jetzt von Leipzig wieder nach Bitterfeld gezogen ist und einen Steinwurf vom Fahrradhaus entfernt wohnt. So kann er sich regelmäßig über den Stand der Sanierung informieren. "Die Arbeiten haben im November begonnen. Zunächst wurde erst einmal entkernt", sagt er und zeigt im Hausinneren auf das frei liegende Mauerwerk. So nackt und unverhüllt lassen sich dann auch die Grundrisse des Gebäudes und der Räume sehr gut zu erkennen. "Hier waren Vierraum- und Fünfraumwohnungen. Sehr großzügig geschnitten also." Doch heute zählten für potentielle Mieter andere Faktoren. Und da man Singles, Senioren oder auch allein erziehende Mütter ansprechen wolle, haben sich die Brüder entschieden sechs Zweieinhalbraumwohnungen herzurichten und alles dementsprechend von Grund auf zu sanieren.

Und so sollen auch die Türen und die Fenster wieder originalgetreu angefertigt werden. Die Fassade unterliegt dem Denkmalschutz. Auch die große Glasfront vor dem Fahrradladen wird erneuert. Das Rauminnere bleibt weitestgehend unberührt. "Wir werden hier vornehmlich restaurieren", so Schneider. Denn wer diesen Laden betritt, unternimmt er eine kleine Zeitreise. Das soll auch weiterhin so bleiben. In der Mitte des Raums steht ein hüfthoher Tresen, der eine alte und schwere mechanische Kasse trägt. Dahinter bewahren die alten Regale und Schubladen auch noch Ersatzteile von Fahrrädern, die längst nicht mehr hergestellt werden. Etwa für das Rad Irene, das dem Fahrradhaus den Namen verlieh und von Ronny Schneiders Urgroßvater hier einst selbst gefertigt wurde. "Man atmet die Atmosphäre vergangener Tage ja immer noch."