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Bis zu fünf Jahre Haft Bis zu fünf Jahre Haft: ICE rast an Wittenberg vorbei - das droht dem Lokführer

Von Julius Lukas 10.01.2019, 19:21
Ein ICE am Bahnhof in Bitterfeld
Ein ICE am Bahnhof in Bitterfeld Kehrer

Bitterfeld - Nach dem Zwangsstopp eines ICE mit einem betrunken Lokführer in Bitterfeld fordert der Fahrgastverband Pro Bahn harte Konsequenzen: „Wer so erwischt wird, ist die längste Zeit seines Lebens Lokführer gewesen“, sagte Sprecher Karl-Peter Naumann am Donnerstag. Laut Deutscher Bahn wurde der Mann bereits mit sofortiger Wirkung von seiner Dienstpflicht entbunden und musste seinen Triebfahrzeugführerschein abgeben - er darf also vorerst keine Züge mehr fahren.

Der ICE hatte am Dienstagabend seinen Halt in Wittenberg verpasst. Das ließ den Zugchef ebenso wie ruckelige Fahrweise an der Fahrtauglichkeit des Lokführers zweifeln. Zusammen mit zwei Bundespolizisten, die sich zufällig im Zug befanden, zog er den ICE-Piloten beim nächsten Stopp in Bitterfeld aus dem Verkehr. „Dort stellten die Kollegen dann einen Alkoholwert von 2,49 Promille fest“, sagte Bundespolizei-Sprecherin Chris Kurpiers. Der Lokführer musste seine Fahrt beenden, die Bahn organisierte einen Ersatz.

Konsequenzen nach ICE-Fahrt unter Alkohol-Einfluss: Das droht dem Lokführer nun

Dass Züge ihre Haltestellen verpassen, kommt immer wieder vor. An Wolfsburg (Niedersachsen) fahren regelmäßig ICE vorbei. Auch Bitterfeld und Wittenberg waren bereits betroffen. So stoppte vor fast genau zwei Jahren ein ICE nicht in der Lutherstadt - allerdings war in keinem dieser Fälle Alkohol im Spiel. „Dass so etwas vorkommt, ist die absolute Ausnahme“, sagt Bahn-Sprecher Jörg Bönisch der MZ. Im gesamten Konzern gebe es eine Null-Promille-Grenze. „Das gilt umso strikter für die Mitarbeiter, die im Betriebsdienst tätig sind“, betonte Bönisch.

Nach seiner Alkoholfahrt drohen dem Lokführer Konsequenzen. „Er muss sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterziehen und nachweisen, dass er nicht alkoholabhängig ist“, erklärte Bönisch. Der Fall wird auch vom Eisenbahnbundesamt geprüft, das nach Abschluss der Ermittlungen entscheidet, ob der Mann seinen Führerschein behalten darf.,

Zudem wird die Bahn arbeitsrechtliche Konsequenzen aus dem Vorfall ziehen. „Das kann von einer Abmahnung bis zu einer Kündigung gehen“, sagt Steffen Rauer, Bezirkssprecher der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in Mitteldeutschland. Die Härte der Strafe hänge sehr von den genauen Umständen ab. „Allerdings handelt es sich hier um einen schweren Eingriff in den Bahnbetrieb mit Transportgefährdung.“

Lokführer gefährdete Eisenbahnverkehr - bis zu fünf Jahre Haft

Der Lokführer hat mit seiner Alkohol-Fahrt zudem eine Straftat begangen. „Es handelt sich dabei um eine Gefährdung des Eisenbahnverkehrs“, erklärt Bundespolizei-Sprecherin Kurpiers. Diese werde mit bis zu fünf Jahren Haft oder einer Geldstrafe geahndet. Strafmildernd könnte wirken, dass keine Personen zu Schaden gekommen sind.

Auch wenn Alkohol nicht toleriert wird, kann betrunkenes Personal nicht ausgeschlossen werden. „Eine Überprüfung der Mitarbeiter vor Dienstantritt findet nicht statt“, sagt Bahn-Sprecher Bönisch. Schon aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen sei das auch schwierig. „Wir müssen uns auf das Verantwortungsbewusstsein unserer Kollegen verlasen.“

Die Diensttauglichkeit wird aber während der Fahrt kontrolliert. So bekommen die Lokführer in unregelmäßigen Abständen ein optisches und ein akustisches Signal, auf das sie reagieren müssen. „Bleibt die Reaktion aus, wird der Zug sofort abgebremst“, erklärte Bönisch. Weitere Kontrollen hält auch Pro Bahn nicht für zielführend. (mz)