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Ausstellung Ausstellung: Bitterfeld produziert Brillianten

Von christine Krüger 16.01.2012, 18:33

Bitterfeld/MZ. - Wenn Hans-Joachim Planert sein Edelstein-Schatzkästlein öffnet, beginnt das Staunen. Und wenn Steven Pick die Schätze aus dem Fundus des Kreismuseums dazustellt, dann ist das Staunen perfekt.

So wird es sein, wenn die Ausstellung "Einfach brillant" am 26. Januar um 19 Uhr plötzlich im Lichtschein steht. Rubine, Saphire, Spinelle, Smaragde, Diamanten - alles ist da. Poliert und geschliffen, roh und stumpf, bunt und farblos, echt in der Natur gewachsen und künstlich im Ofen gezüchtet. Und was die Synthese von Edelsteinen betrifft, da war Bitterfeld Spitze, Ende der zwanziger Jahre sogar Weltspitze. Hier wurde nicht nur produziert, hier wurde geforscht und erfunden. Hier gelang der erste Smaragd. Hier wuchsen die weltweit ersten Sternrubine. Und hier versuchten Wissenschaftler mit Erfolg die Diamantsynthese. Große Namen wie Walther Rathenau und Hermann Espig verbinden sich mit dem schillernden Bereich der Chemie. An diese Tradition will die Ausstellung erinnern. "Das sind schon paar Sachen, mit denen können wir uns sehen lassen", sagt Mineraloge Planert.

So liegen echte Highlights in den Vitrinen. Nicht nur die Steine, sondern auch die Arbeitsmittel, ohne die die synthetischen Prachtexemplare nicht entstanden wären. Die übrigens wuchsen in Form einer Birne, indem das über 2 000 Grad heiße, glühende Material auf einen so genannten Keim herabtropfte. Steter Tropfen höhlte hier nicht den Stein, sondern baute ihn auf - mit sich nach oben erweiternder Oberfläche. Diese Steine gingen vor allem in die Schmuckindustrie. Die so genannten orientiert (als Stangen) gewachsenen und so in ihrer Kristallstruktur besonders exakten Edelsteine wurden hingegen in der Uhrenindustrie und für die Lasertechnik verwendet.

Der Wunsch, sich mit schönen Steinen zu schmücken hat übrigens das ganze Geschäft angetrieben: Im 18. Jahrhundert steigt der Bedarf an Edelsteinen so, dass die, die aus Asien und Südamerika kommen, längst nicht mehr ausreichen. "Mit der industriellen Entwicklung haben nun auch andere Leute Geld als der Adel. Und die wollten ihre Frauen auch schmücken", erzählt Planert. Doch schon bald erkennt man den Wert der Steine für die Uhren. Nach und nach machen sie Furore auch in anderen industriellen Bereichen. "Ende des 18. Jahrhunderts hat der Franzose Verneuil begonnen, sich mit der Edelsteinsynthese zu befassen, 1890 war das Verfahren perfekt", so Planert. Die erste Rubin-Birne wuchs im Ofen. "Auch Rathenau hat sich damit befasst, es wurde damals schon eine Edelsteinfabrik in Bitterfeld gebaut, die 1918 eingeweiht wurde. Was nötig war, war vor allem Energie, Wasser und Tonerde. Und das gab’s ja hier genug. Den Chemismus hat man gekannt, das sind ja relativ einfache Formeln." Noch heute übrigens ist das Verneuil-Verfahren in.

Das wertvollste Stück der Ausstellung im Kreismuseum fasst Hans-Joachim Planert nur mit Handschuhen an. Es ist ein Netz aus Platin - hauchdünn und viel gebraucht und im Laufe der Jahre schon mächtig löchrig geworden. Doch hat es mit diesem Sieb etwas ganz Besonderes auf sich: Einen Smaragd zu züchten, wollte über Jahre nicht gelingen. 1928 hat es Espig geschafft. "Mit dem Netz", sagt Planert, der sich dafür völlig begeistert. "Das ist die beste Synthese, die es gibt, die er gemacht hat. Da kommt nichts ran", schwärmt er, "so eine Reinheit." Bis 1942 wurden sie in Bitterfeld gezüchtet. "Ach", meint er und winkt ab, "Smaragde kosten eine abenteuerliche Summe. Überhaupt sollte man nicht denken, der Diamant ist der teuerste Stein. Ein sehr reiner Rubin, was in der Natur sehr, sehr selten vorkommt, ist durchaus teurer."