Arbeiten in Fasslager Holzweißig Arbeiten in Fasslager Holzweißig: Teufelszeug wird endlich entsorgt
Holzweißig/MZ. - "Das Fasslager? Immer geradeaus." Den Radfahrern, die unweit des Holzweißiger Sees in der Goitzsche unterwegs sind, scheint die Örtlichkeit vertraut. Aber was hier seit einigen Tagen vor sich geht, dürfte der Allgemeinheit nicht geläufig sein.
Seit Anfang März beseitigt in dem so genannten Fasslager die Bodensanierung Bitterfeld (BSB) Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg. Hier, auf einem ehemaligen NVA-Gelände, wurden Anfang der 60er Jahre chemische Substanzen eingelagert, die für die Herstellung von Brandbomben verwendet werden sollten. Die Verbindungen, die unter anderem roten Phosphor und Arsen enthalten, sollten die Löscharbeiten nach dem Abwurf der Bomben erschweren. Roter Phosphor entzündet sich, kommt er mit Wasser in Berührung. "Das Zeug vagabundierte nach Kriegsende durch das CKB", so Fred Walkow, Leiter des Umweltamtes des Landkreises, "bis sich die Kombinatsleitung entschloss, es hier zu deponieren."
Walkow und Harald Rötschke, Geschäftsführer der Mitteldeutschen Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft (MDSE), in deren Auftrag die Entsorgung des Kriegsmaterials derzeit vorstatten geht, weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Deponierung vergleichsweise sicher erfolgt war. "Unsere Befürchtungen haben sich nicht bestätigt", so Rötschke. Zur Lagerung des Teufelszeugs auf dem Berg am Holzweißiger See wurde eine Betonwanne gegossen. Darüber wurde eine Plane gezogen, auf die die Substanzen geschüttet wurden. "Fässer haben wir keine gefunden", sagt Rötschke. Danach wurde das Material mit einer Plane abgedeckt, auf die Kies, Ton und Lehm aufgebracht wurden. Dann wurde eine Halle um das Ganze gebaut. "Ausgasen und Wasser waren die potenziellen Gefahren, die so ausgeschlossen werden sollten", so der MDSE-Mann.
Wie er berichtet, seien den eigentlichen Entsorgungsarbeiten vielfältige Untersuchungen vorangegangen. Das Entsorgungsverfahren beginnt mit der Zerkleinerung der Masse auf eine Korngröße von knapp einem Zentimeter. Dann wird sie so behandelt, dass sie chemisch immobil ist, also nicht mehr reagieren kann. Verpackt in Big Bags wird das Material auf Schleichwegen nach Zielitz zur unterirdischen Lagerung gefahren. "Wir fahren durch keine bewohnten Orte", versichert der MDSE-Geschäftsführer.
Sicherheit ist oberstes Gebot bei der Entsorgung. Die Männer in der Halle arbeiten unter Schutzanzügen und mit Atemgerät. In der Halle selbst herrscht leichter Unterdruck. Luft kann nur von außen eindringen und wird mit Aggregaten gereinigt, so dass weder Abgase noch Staubpartikel austreten können. Ständig steht die Feuerwehr bereit, um bei unliebsamen Zwischenfällen eingreifen zu können. Etwa ein Drittel der für die Entsorgung des Kriegsmaterials vorgesehenen 2,6 Millionen Euro wird für die Sicherheit ausgegeben.
"Nein, gab es nicht", sagt Ralf Düresch, BSB-Geschäftsführer, auf die Frage, ob es schon Pannen gegeben hat. Die Frage, wie viel von dem Bombenmaterial zu entsorgen ist, kann er nur schätzend beantworten. "So ungefähr 2300 Tonnen. Nach oben offen", sagt er knapp. Sind die Arbeiten gefährlich? "Völlig ohne sind sie nicht. Aber wir haben schon ganz andere Sachen gemacht", sagt Düresch mit sichtlicher Gelassenheit.
Dass der Beginn der Entsorgung so lange gedauert hat, liegt für Rötschke zum Teil bei den langen Verwaltungswegen des Bundesvermögensamtes, das das NVA-Gelände "geerbt" hat. "Viele Studien hat es gegeben, nur keine Lösungsvorschläge", sagt er. Nun aber dränge die Zeit. Das Tagebaurestloch Holzweißig läuft voll und ab einer bestimmten Pegelhöhe könnte die Standsicherheit der Böschung in Gefahr geraten und damit auch das Fasslager. "Wir werden den Wettlauf mit dem aufsteigenden Wasser gewinnen", ist sich Rötschke sicher. Mitte des Jahres soll das Lager leer sein.