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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Trojaner legen Computer lahm

Von HELMUT DAWAL 15.12.2011, 18:45

BITTERFELD/KÖTHEN/MZ. - Auf der Suche im Internet nach einer Hotelunterkunft in Hamburg passierte es: Urplötzlich tauchte eine Seite mit dem Logo der Gema auf, jener Gesellschaft, die sich um den Schutz diverser Urheberrechte kümmert.

"Auf Ihrem Computer wurden illegal heruntergeladene Musikstücke (Raubkopien) gefunden. Durch den Download wurden die Musikstücke vervielfältigt, so dass ebenfalls eine Strafbarkeit gemäß § 106 Urhebergesetz gegeben ist", ist auf dem Bildschirm zu lesen. Die Mitteilung flößt Furcht ein: Der Download urheberrechtlich geschützter Musikstücke werde mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft.

Auch mit der Beschlagnahme des Rechners wird gedroht. Strafrechtlichen Konsequenzen könne jedoch aus dem Weg gegangen werden, wenn eine Mahngebühr von 50 Euro bezahlt werde. Über die Zahl-Variante U-Kash könne das Geld an die Gema überwiesen werden, danach werde der Computer wieder frei gegeben.

Zeitaufwändige Reparatur

So sehr der Mann auch auf die Tasten drückte, die Seite blieb auf dem Bildschirm. Er schaltete den Computer aus und am nächsten Morgen wieder an: Die Gema-Seite baute sich erneut auf. Der Rechner war lahm gelegt.

So ging es in den vergangenen Wochen mehreren Computerbesitzern aus Bitterfeld und Köthen. Sie alle wurden Opfers eines Trojaners. Letztlich blieb ihnen nur der Gang zum Experten, um den Rechner wieder zum Laufen bringen zu lassen. "Ich hatte in den vergangenen Wochen bereits 39 Kunden, die von diesem Trojaner heimgesucht wurden", berichtete Frank Pfuhl, Inhaber des PC-Stores in der Bitterfelder Burgstraße.

Neben der Masche mit der Gema gibt es laut Pfuhl noch eine weitere. Dann meldet sich plötzlich das Bundeskriminalamt. Dem Computerbesitzer wird vorgeworfen, auf seinem Rechner Kinderpornos zu haben oder Verbindungen zu Terroristen. Auch der Bundespolizei-Trojaner lässt sich nicht mehr entfernen.

In anderen Computer-Werkstätten ist es ähnlich. "Wir hatten in den letzten Wochen rund 50 solche Fälle", informierte René Fischer, Mitarbeiter der Computer Company in der Köthener Wallstraße. Für die Kunden sei das sehr ärgerlich, sie seien "unbedarft in diese Situation reingeschlittert". Ein paar wenige Kunden ließen sich laut Fischer sogar darauf ein, das geforderte Geld einzuzahlen. "Es hat aber nichts genützt, der Computer war weiter blockiert."

Der Bitterfelder Frank Pfuhl konnte seinen Kunden bisher immer helfen, wenngleich es mitunter mühsam und zeitaufwändig sei, wie er bemerkte. Um die Blockade zu beheben, arbeitet sich der Informatiker auf eine Ebene im Rechner vor, mit der ein Laie nicht klar kommen würde.

Was empfiehlt der Fachmann? "Ich rate zu einem guten Antiviren-Programm. Das muss natürlich ständig auf dem aktuellen Stand gehalten werden, also sollte man auch regelmäßig Updates machen", sagte Frank Pfuhl. Zudem sollte jeder beim Serven überlegen, welche Seite er im Internet aufruft. "Da gibt es ja auch sehr zweifelhafte Seiten", meinte er.

Aufgepasst werden sollte auch bei den E-Mails. "Ich würde keine E-Mail öffnen, wo mir der Absender nicht bekannt ist." Das empfielt auch René Fischer. "Selbst bei Facebook sollte man vorsichtig sein und angehängte Links nicht öffnen."

Bundesweit 40 000 Anzeigen

Im Polizeirevier Anhalt-Bitterfeld gingen in den vergangenen Wochen mehrere Anzeigen zu dieser Form der Intenerkriminalität ein, bestätigte Michael Däumich, zuständig für den Bereich Prävention.

Die Ermittlungen gestalten sich allerdings sehr schwierig, räumte er ein. Dennoch sollten Betroffene, wenn sie sich einen solchen Trojaner eingefangen haben, bei der Polizei melden. "Wir können so einen Überblick erhalten, wo sich die Fälle lokal häufen, sowohl im privaten Bereich als auch bei Firmen."

Zusammen laufen alle Anzeigen beim Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen. "Wir haben hier eine spezielle Ermittlungsgruppe, die diese Betrugsfälle für das gesamt Bundesgebiet bearbeitet", teilte LKA-Pressesprecher Falco Schleier auf MZ-Anfrage mit. Der Trojaner vom vermeintlichen Bundeskriminalamt sei sei die dominierende Variante. Seit dem Auftauchen dieser Trojaner in diesem Jahr habe es bereits rund 40 000 Anzeigen bundesweit gegeben. Laut Schleier werden die Trojaner zeitlich versetzt "in Wellen" ins Internet geschickt. "Wir haben aktuell die 23. Ausschickungswelle zu verzeichnen", informierte der LKA-Specher. Ob es bereits Hinweise zu den Tätern gibt, dazu wollte Schleier unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen keine Angaben machen.

"Wer von dem Trojaner erwischt wurde, sollte auf keinen Fall bezahlen. Das spült den Tätern nur Geld in die Tasche", warnte der Kriminalhauptkommissar. Er rät Betroffenen ebenfalls, bei der jeweiligen Polizeidienststelle Anzeige zu erstatten. "Wenn wir wissen, wo und wann welcher Trojaner auftaucht, hilft uns das bei den Ermittlungen."