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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Hoffen und Bangen

Von anne böttger 03.04.2012, 17:29

wolfen/thalheim/MZ. - Abmontieren, einpacken, abtransportieren - dass bei seinen Nachbarn etwas im Gange ist, hat Yves Kaufhold schon lange geahnt. Seit einigen Wochen beobachtet der Herotron-Betriebsleiter, wie nebenan bei Q-Cells die Produktionsanlagen zurückgebaut und weggeschafft werden. Eine richtige Überraschung war der Insolvenzantrag, den das Unternehmen aus dem Solar Valley am Dienstag gestellt hat, deshalb nicht für Kaufhold. "Unter Mitarbeitern heißt es, die paar Anlagen, die seit 2009 still stehen, sind längst im Internet verkauft worden", sagt Kaufhold.

Am Dienstag wurde das, was die 20 Mitarbeiter des Werkstoff-Veredlers aus Thalheim so lange geahnt hatten, zur Gewissheit. "Q-Cells hat zu viele Fehler gemacht, hat sich zu spät neu aufgestellt", erklärt Kaufhold. Dass das nur einer von vielen Fehlern ist, meint auch Chemiepark-Geschäftsführer Matthias Gabriel: "Nur ein Produkt anzubieten - das ist ein generelles Problem von Solar Valley." Auf den Chemiepark in Bitterfeld werde sich die Q-Cells-Pleite nur indirekt auswirken. "Bei den Zulieferern etwa werden weniger Aufträge eingehen." Aber auch die hätten immer mehr als einen Auftraggeber. "Der Chemiepark ist nicht gefährdet", sagt Gabriel.

Zweieinhalb bis drei Arbeitsplätze hängen von jedem Arbeitsplatz in der Industrie ab, rechnet Armin Schenk, Geschäftsführer der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises (EWG) vor. "Das kann wirklich schlimme Folgen haben, sollte das das Aus für Q-Cells sein." Daran glauben will in Bitterfeld-Wolfen aber keiner. "Noch gibt es Hoffnung, das zeigt Orwo, das sich nach der Insolvenz wieder erholt hat", sagt Bitterfeld-Wolfens Oberbürgermeisterin Petra Wust (parteilos).

Realistisch ist aber, "dass das noch ein langer Leidensweg für das Unternehmen wird", sagt Wolfgang Baronius, Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses des Stadtrates.

Der Bitterfelder Frank Steinmetz ist davon überzeugt. Einmal im Monat steht er auf dem Markt in Wolfen-Nord und verkauft Spielzeug. Am Dienstag, sagt er, war die Pleite den ganzen Tag ein Thema. "Dass die insolvent gehen, habe ich kommen sehen. Länger als zwei Jahre werden die sich nicht mehr halten können. Dann ist es vorbei", sagt er. Wie sollte es auch anders sein, wenn selbst seine Kunden lieber zum billigeren Spielzeug-Traktor aus China greifen als zu dem, der in Deutschland hergestellt wird.