Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Auf der Sonnenseite
SANDERSDORF/MZ. - Ursprünglich plante das norwegische Solarenergie-Unternehmen im "Solar Valley" (Gemarkung Sandersdorf) das größte Glaswerk der Welt zu bauen, um von "Rohglasfertigung bis Veredlung alles aus einer Hand zu bieten". 400 Millionen Euro sollten dafür investiert und 500 Mitarbeiter beschäftigt werden. Aber nach "der weltweiten Rezession und der Finanzkrise" ist nun alles eine Nummer kleiner geworden.
Doch Püttmann verzagt nicht. "Die Produktionshalle steht, und auch die Spezialmaschinen sind bestellt." Dies entspreche einem Investitionsumfang von etwa 30 Millionen Euro. Ende des Jahres, so Püttmanns Einschätzung, könne man die Arbeit aufnehmen. Daher befinde man sich derzeit in der "Rekrutierungsphase", denn bis zu 70 Mitarbeiter würden für die erste Produktionsstrecke benötigt.
Mit dem hier veredelten Glas will das Unternehmen dann in eine Marktlücke stoßen. "Nur zwei Prozent der Glasproduktion entfallen momentan auf den Bereich Solar. Wir werden mit einer neuartigen Technologie besonders dünne und dabei gleichzeitig widerstandsfähige Gläser anbieten. Damit sind wir Pioniere auf diesem Gebiet. Unser Spezialglas wird dabei helfen, die Kosten für Strom, der aus Solarmodulen erzeugt wird, günstiger zu machen", so Püttmann.
Das ist das Angebot. Doch wie schaut es auf der Nachfrageseite aus? An dieser Stelle kommt Stefan Morbach ins Spiel. Er ist der Verkaufs- und Marketingmanager von Vetro Solar und verweist auf die aktuelle Entwicklung. Zum einen habe man sich Anfang Juni auf der Münchner Messe "Intersolar Europe" präsentiert und viele Gespräche geführt. Zum anderen habe man bereits den "Deutsch-Norwegischen Wirtschaftspreis" erhalten . Die Resonanz sei daher groß. Zudem befinde man sich durch die Ansiedlung am Standort im Zentrum der Photovoltaik-Branche. "90 Prozent der gesamten Solarenergiefirmen in Deutschland liegen in einem Umkreis von 200 Kilometern."
Vielleicht hat auch deswegen die Stadt Sandersdorf-Brehna die Erschließungsstraße "Auf der Sonnenseite" getauft. Zumal auf dem Sandersdorfer Gelände noch 100 Hektar Bauland für die Ansiedlung weiterer Photovoltaik-Unternehmen zu Verfügung stehen. "Wir werben aktiv für den Standort", sagt Bürgermeister Andy Grabner. Und wenn er über die weitere Entwicklung spricht, wird schnell klar: Bei der Wirtschaftsförderung bedarf es eines langen Atems.
Das unterstreicht auch Ingo Gondro. "Aufgrund der Energiewende ist die Branche weiterhin optimistisch. Doch unsere Erfahrung lautet: Zwischen dem ersten Gespräch und einer Ansiedlung dauert es zum Teil mehrere Jahre", sagt der Wirtschaftsförderer. In diesen Gesprächen werde dann mit unterschiedlichen Standortargumenten zumindest das Interesse geweckt. "Neben der Einbettung ins Solar Valley sind da die gute Infrastruktur, die günstigen Gewerbesteuerhebesätze und die freie Flächen- und Größenwahl zu nennen."
Doch nicht nur das. Bei Vetro Solar gab es zudem auch den finanziellen Anreiz, denn die Stadt Sandersdorf-Brehna hat zwölf Millionen Euro, die für den Bau der Produktionshalle nötig waren, vorfinanziert. "Dafür mussten wir auch Kritik einstecken", sagt Grabner, verteidigt aber den eingeschlagenen Weg mit der Ansiedlung, der Investition und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Zudem refinanziere sich die Halle durch die Mieten, die Einspeisevergütung für den Strom, den die Photovoltaikanlage auf dem Hallendach erzeugt, und einen geplanten Investitionskostenzuschuss, den das Unternehmen beim Land beantragen wolle. "Wir stehen nach wie vor zu unserer Entscheidung, auch weil es sich hier um einen Zukunftsmarkt handelt", sagt Grabner.