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Zeitgeschichte Zeitgeschichte: Endstation Bernburg

Von FRAUKE HOLZ 06.10.2014, 19:15
Ute Hoffmann (von rechts) gibt Änne Forisch und Christian Bieder einen Einblick in die Ausstellung.
Ute Hoffmann (von rechts) gibt Änne Forisch und Christian Bieder einen Einblick in die Ausstellung. PÜLICHER Lizenz

BERNBURG/MZ - Olga Benario und Tilde Klose - nahezu jeder Bernburger kennt diese zwei Namen, schließlich sind nach ihnen zwei Straßen in der Saalestadt benannt. Doch wenn es um das Leben der beiden geht und darum, was sie mit Bernburg verbindet, können wohl nur wenige Auskunft geben.

Beide Frauen teilen ein und dasselbe Schicksal: sie fielen 1942 in der Heil- und Pflegeanstalt Bernburg der Aktion „14f13“ zum Opfer; sie wurden vergast. Ebenso wie bis zu 1600 weitere Häftlinge, darunter 600 Jüdinnen und sogenannte „Mischlinge“, die allesamt aus dem Konzentrationslager (KZ) Ravensbrück nach Bernburg verschleppt und hier mit Kohlenmonoxid erstickt wurden.

Begleitend zur Ausstellung sind zwei Veranstaltungen vorgesehen:

Donnerstag, 9. Oktober: „Eine Jüdische Zeitreise mit Dany Bober - Lieder - Geschichte(n) - Jüdische Weisheiten“, 19.30 Uhr, Marienkirche, Eintritt: 4 Euro.

Donnerstag, 16. Oktober: „Am Ende hießen alle Sara - Schicksale Bernburger Jüdinnen in Bernburg“, Referent Joachim Grossert, 18 Uhr, Stadtbibliothek Bernburg, Lindenplatz 5, Eintritt: frei. 

Die Wanderausstellung kann bis zum Donnerstag, 23. Oktober, 10 bis 16 Uhr, besucht werden. Eintritt: frei.

Eine Wanderausstellung, die am Dienstagnachmittag um 17 Uhr in der Marienkirche Bernburg eröffnet wird, befasst sich vordergründig mit den jüdischen Frauen im KZ Ravensbrück. Kaum eine der bis 1942 in Ravensbrück inhaftierten Jüdinnen überlebte - entweder wurden sie dort, in Auschwitz oder in Bernburg getötet. Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt der Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“ Bernburg, der Evangelischen Talstadtgemeinde, der Gleichstellungsbeauftragten des Salzlandkreises und der Bildungsakademie Salzlandkreis. Gezeigt werden auf Tafeln und in Vitrinen mehr als 200 Dokumente und Gegenstände, die die bislang kaum bekannte Geschichte der jüdischen Häftlinge im KZ Ravensbrück veranschaulichen sollen. Aufgearbeitet werden dabei in deutscher und englischer Sprache sechs verschiedene Themenbereiche - von der Verfolgung jüdischer „Mischlinge“ über die Massentransporte 1944/45 bis hin zu dem Leben nach dem Überleben. Sie geben der Schau den einordnenden Rahmen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Besucher der Ausstellung noch erwartet.

Und immer wieder werden konkrete Schicksale dargestellt, wie Ute Hoffmann, Leiterin der Gedenkstätte Bernburg hervorhebt: „Der biografische Zugang ist deshalb so wertvoll, weil er emotional ist.“ So können sich Besucher an 13 Tischen und -pulten in die Geschichte(n) vertiefen, die in Lesemappen zusammengefasst sind.

„Es gibt eine ganze Menge Bezüge zu Bernburg“, sagt Ute Hoffmann, „denn viele Schicksale sind mit der Stadt verbunden.“ Nicht zuletzt ist dies auch einer der Gründe, warum die Wanderausstellung, die 2008 in Kooperation mit der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ entwickelt wurde, nun auch in Bernburg zu sehen ist.

Doch Ute Hoffmann will die Schau nicht als Mahnung verstanden wissen. Vielmehr gehe es darum, die Ungerechtigkeit zu zeigen, dass Leute zu NS-Zeiten für etwas bestraft wurden - obwohl sie nichts getan haben. „Es gibt Grenzen im Umgang miteinander“, sagt sie, „und Konflikte können auf andere Weise ausgetragen werden.“

Natürlich kann auch diese Ausstellung nur einen kleinen und in keiner Weise allumfassenden Einblick in jene Zeit geben. So werde beispielsweise die Opferseite stark, die Täterseite hingegen nur schwach beleuchtet, wie Ute Hoffmann sagt. Dennoch: Die Schau trägt dazu bei, das oftmals unbekannte Schicksal der jüdischen Häftlinge im KZ Ravensbrück - und somit auch in Bernburg - etwas bekannter zu machen.