Heimatgeschichte Was Steindenkmale rund um Bernburg mit Speck zu tun haben sollen
Und wofür die Monolithen einst von der Bevölkerung genutzt wurden.

Bernburg/mz. - Im Landschaftsgebiet von Bernburg im Tal der unteren Saale gab es einst mehrere markante Steindenkmale mit dem Namen „Speckseite“. So auch in Güsten und Peißen. Man glaubte, der Form wegen sei das so. Damit war man zufrieden und verzichtete auf ernsthaftes nachforschen. Schauen wir doch mal, wie es in den genannten Orten zuging.
Die Speckseite von Güsten
In der Nähe von Güsten soll früher ein großer Stein im Gelände gestanden haben, den man die „Speckseite“ nannte. Dies berichtet eine alte Sage und meint weiter, der markante Stein habe früher die wahre Ausdehnung der Stadt Güsten gekennzeichnet.
Es war wohl eher so, dass die Bewohner dieser Gegend, auch die von Güsten, in heidnischer Zeit an diesem Monolithen zusammenkamen, um hier die alten Götter zu ehren und zu befragen.
Dass der Raum von Güsten schon in vorgeschichtlicher Zeit besiedelt war, haben Bodenfunde belegt. „Speckseiten“, eigentlich hießen sie „Specksteine“, waren Kultobjekte in heidnischer Zeit. Man befragte die Götter durch den Versuch, Nägel in den Stein zu schlagen. Gelang das, waren die Himmlischen wohlgesonnen.
Die Speckseite von Peißen
In Peißen stand oder lag früher ein großer Stein im Orte, den nannte man die „Speckseite“. Er soll mehr als zwei Meter lang gewesen sein, aber recht schmal. Er habe in dieser Form wie eine Seite Schweinespeck ausgesehen und deshalb diesen Namen erhalten. Das sagten die einen.
Kultstein der heidnischen Germanen
Die anderen meinten dagegen, dass beim großen Brand von 1704 die Speckseiten aus den Rauchfängen wie brennende Fackel durch die Luft geflogen seien und dann an dem großen Stein zu Boden fielen. In Wirklichkeit wird dieser markante Monolith ein Kultstein der heidnischen Germanen gewesen sein wie viele andere in unserer Heimat. Nicht der geschätzte „Speck“ gab den Namen, sondern das Althochdeutsche „Spekhan = Sprechen“. Die Heiden opferten hier den Göttern und hofften auf Antwort, zum Beispiel durch erfolgreiches Einschlagen von Nägeln.
Das also ist das Geheimnis der seltsamen Namensfindung und Namensdeutung späterer Generationen. Potz Blitz und Donner dazu. Da muss man erstmal draufkommen.
Nagelstein von Hohenedlau
In Hohenedlau stand am östlichen Ortsausgang an einer Gartenmauer ein großer Stein von eigenartigem Aussehen. Spuren von Nägeln und Stahlstiften, die man einmal eingeschlagen hatte, waren deutlich zu erkennen. So hieß der Monolith denn von jeher „Nagelstein“. Eine Sage soll mit dem Stein verbunden sein, die aber niemand in Erfahrung bringen konnte. Die Bedeutung eines Nagelsteins, aller Nagelsteine, ist jedoch sagenhaft genug und durchaus bekannt.
Hoffen auf Antwort von Göttern
Die von Norden zugewanderten Warnen oder Wariner sollen es gewesen sein, die in germanisch-heidnischer Zeit Nagelsteine benutzten. Sie wollten an diesen Steinen von ihren Göttern Antworten auf brennende Fragen erhalten: Krieg, Führerschaft, Urteile, Opfer. Sie gaben den Göttern das Beste, das sie hatten: Eisen, Werkstoff für Waffen und Geräte. Und sie schlugen es in den Stein. Gelang das, hatten die Götter zugestimmt. Sie hatten zum Volk „gesprochen“.
Wort aus dem Althochdeutschen
Deshalb hießen diese Monolithe ursprünglich „Spekh-Steine“, abgeleitet vom Althochdeutschen „Spekhan=Sprechen“. In christlicher Zeit verlor sich die Kenntnis von diesen Ritualen. Aus Sprechsteinen wurden „Specksteine“ oder „Speckseiten“ mit der Vorstellung, ihre Form gleiche einer Seite Schweinespeck. Ein Musterbeispiel wie spätere Generationen leichtfertig mit dem Erbe umgingen. Das Nageleinschlagen war so unmöglich nicht, wie es heute scheinen mag. Diese Steine waren ausgewählt, gehörten zu den Braunkohlequarziten. Sie besaßen eine Menge weicher Einsprengling in Röhrenform, in die man besonders bei Feuchtigkeitsaufnahme Nägel einhämmern konnte.
Gewittergüsse für Nagelritual
Man kann sich vorstellen, dass die Germanen Gewittergüsse für das Nagelritual bevorzugten. Dann fuhr auch in der Volksvorstellung der gefürchtete Gott Thor, Odins Sohn oder Donar hammerschwingen mit Blitz und Donner durch die Wolken und gab der Kulthandlung erst die rechte Weihe. Die Nagelsteine wurden deshalb auch gerne als „Donar-Steine“ bezeichnet.
Von zahlreichen Nagelsteinen, Specksteinen und Speckseiten im Landkreis Bernburg ist nur der in Hohenedlau übrig geblieben. Er steht dort an würdiger Stelle als Bestandteil der Einfassung des Kriegerdenkmals.